27" f/4,2 Newton


letzter Pinselstrich - Silvretta, Juli 2010

Der Traum:
Welcher visueller Beobachter träumt nicht von Herausforderungen wie der Beobachtung des Jets in Messier 87, die Trennung allen Einzelkomponenten des Seyfert's Sextett, oder gar der Auflösung des Einstein Kreuzes?
Um diesen Traum zu verwirklichen benötigt es eine möglichst große Licht sammelnde Fläche. Wenn man mobil bleiben möchte, stehen diesen Traum jedoch physikalische Grenzen wie Gewichte und Abmessungen im Wege. Ziel ist es durch Einsatz von dünnen Spiegeln und intelligenten Teleskopkonstruktionen diese Grenze möglichst weit nach hinten zu schieben.

Die Idee:
Grundsätzlich ist ein Teleskop nichts weiter als eine mechanische Einrichtung, um Hauptspiegel und Fangspiegel so zu positionieren, dass diese justagekonstant gehalten werden und in der Vertikalen und Horizontalen bewegt werden können. Dieser Gedanke spiegelt sich im Teleskop wieder, d.h. es wurde möglichst auf überflüssige Komponenten verzichtet.

Die Umsetzung:
Herzstück des Teleskops ist ein vom leider viel zu früh verstorbenen Werner Reimann selbst geschliffener 27" f/4,2 (690/2930) Parabolspiegel mit nur 30mm Stärke und resultierenden 20,6 kg Gewicht. Um diesen wurde das Teleskop konstruiert.

Die wichtigsten Anforderungen waren für mich:
- schneller (<10 Minuten), unkomplizierter und werkzeugloser Aufbau von einer Person
- einfacher Transport (ohne Laderampen) in einem normalen PKW
- steife und in der Praxis kompromisslos funktionierende Konstruktion
- parallaktisch nachzuführen, siehe
EQ - Plattform

Dank:
Beim Bau des Teleskops haben mich viele Leute unterstützt. Ganz besonders bedanken möchte ich mich aber bei Werner Reimann, Friedl Lamprecht, Daniel Restemeier, Benno Mühlhaus, Vivian Bock, Reiner Vogel und der Mutti :-)

 



CFK - OT mit dünner Drahtspinne
 

Hut
... zu den Details
Um eine steife Drahtspinne mit breiter Basis realisieren zu können, wurde auf einen leichter zu bauenden Monoring verzichtet und ein klassischer Hut mit 2 Ringen und 4 Streben, sowie versteifender Innenverkleidungen gewählt.

Da ich durch den leichten Spiegel auf eine möglichst leichte Hutkonstruktion gebunden war, versuchte ich mit gebogenen Aluprofilen und gefrästen Holzsandwichringen das Gewicht zu drücken. Beide Varianten stellten mich bezüglich Gewicht und Steifigkeit nicht zufrieden, sodass ich zu einer Lösung mit Kohlefaser (CFK) griff. Diese versprach eine enorm hohe Steifigkeit bei geringstem Gewicht, leider verbunden mit einem immensen Zeit- und Arbeitsaufwand.

Die reinen CFK Bauteile des fertigen Hutes wiegen daher nur 1,5kg, der komplette Hut mit FS, OAZ und Blenden 2,7 kg.
 



CFK Stangenpaare beim Aufbau
 

Stangen
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Die Verbindungsstangen - der eigentliche Tubus eines Gitterrohrsystems - befinden sich größtenteils überhalb des Schwerpunktes und stellen neben dem Hut ein schwerpunktkritisches Bauteil für das Teleskop dar. Auch hier entschied ich mich für CFK. Bei nicht zu verachtenden Kosten (die Stangen haben immerhin bis zu 2,5m Länge) bieten mir diese neben einer angenehme "Haptik" und toller schwarzer Optik vor allen Dingen niedriges Gewicht (hier 3,9 kg) bei maximaler Steifigkeit.

Trotz der klassischen Anzahl der Stangen - 8 Einzelstangen in 4 Dreiecken zusammengefasst - ließ ich untypisch insgesamt 4 Stangen vom Ende der Höhenräder abgehen.
 



UT mit Blende
 

Unterer Tubus (UT) ... zu den Details
Beim unteren Tubus wurde auf eine klassische Spiegelbox verzichtet. Die Spiegelzelle wurde direkt an die massiven Höhenräder montiert. Diese bestehen aus jeweils einem 80x60mm verschweißten Alu - Hohlprofil.

Die 27 - Punkt Hauptspiegelzelle besteht aus zwei in sich justierbaren Rahmen und wurde ebenfalls aus Aluprofilen hergestellt. Die verbaute und für den dünnen Spiegel so wichtige laterale Spiegelabstützung kann so mitjustiert werden.
 



Basis mit einfachem Dreiecksfuß
 

Basis
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Hier wurde auf die klassische Wiege verzichtet und die Basis auf den nötigsten Materialeinsatz beschränkt. Der Kern des Basisrings besteht aus einem Holzsandwich. Die innere Lage Holz wurde ausgefräst, Deckplatten sind massiv. Zur Steigerung der Steifigkeit wurde an die Stirnseiten mehrere Schichten Kohlefaser laminiert. Als Laufpartner wurden das originale Ebony Star mit Teflon gewählt.
 


6x30 Sucher mit aufgesattelten Punktsucher
 

Sucher
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Nach dem zunächst verbauten 70mm Sucher wurde ein leichterer handelsüblicher 6x30 Winkelsucher mit angebauten Punktsucher montiert. Diese Sucherkombination ist auf einer Stange der Gitterkonstruktion mittels einer Schelle befestigt.
 


von unten nach oben: verdrehte EQ, Ringbasis, UT, Styrodurschutz, Hut; daneben Stangen und Leiter; davor HS - Kiste (nicht zu sehen)


leichte Transportkiste mit Hauptspiegel
 
 
Transportkonzept
Obwohl technisch kein Leichtbau angestrebt wurde, entstand eine recht leichte Konstruktion von insgesamt 50kg, mit Einsatz der EQ Plattform 58kg.
 
- OT (Hut mit Blende) 2,6kg
- Stangen 3,9kg
- Hauptspiegel 20,6kg
- UT (Zelle mit Blende) 13,9 kg
- Sucher (mit Schelle) 0,4kg
- Basis (mit Fuss) 7,7kg
= 49,1kg (mit EQ Plattform 57,3kg)

Die leichtesten Teile nutzen jedoch nichts, wenn diese nicht praxistauglich transportiert werden können.

Grundidee ist der einzelne Transport des Hauptspiegels. Vorteile sind: leichtere Einzelkomponenten, besserer Schutz des HS und einzelne/eigene Transportmöglichkeit (getrennt von der Zelle). Für den Transport des HS steht eine stabile, "unfallsichere" Kiste aus einem Aluschweißgerüst kombiniert mit Multiplexdeckeln zur Verfügung. Die Kiste kann um die Schultern gehängten werden, um mit Spiegel auch mehrere Stockwerke oder Meter zum Beobachtungsplatz bequem hinter sich zu lassen. Der nur 20,6 kg leichte Spiegel kann sicher und problemlos aus der Kiste in die Zelle gesetzt werden.

Für die Schonung der EQ Laufflächen wird die obere Platte verdreht auf der unteren Platte fixiert. Darauf folgt wie im Einsatz auch die Basis mit UT, der ebenfalls gesichert wird. Zu guter letzt werden die Stangen in einer speziellen Tasche transportiert, um das empfindlichen CFK und die Stangenverbindungen nicht zu zerkratzen und diese bequem in einem Stück zu transportieren.