Morgens fühle ich mich wie ausgewechselt.
Meine Abwehrkräfte hatten glücklicherweise nicht parallel Urlaub. Nach
dem Frühstück trete ich aber noch ruhig und relaxe ein wenig, schließlich
befinde ich mich ja in den wohl verdienten "Ferien". Nach der obligatorischen Auswertung der
vergangenen Nacht und der Vorbereitung der kommenden Nacht gehe ich ein paar
Schritte um die Sternwarte. Der Himmel ist vollkommen wolkenlos. . Die Nacht scheint gut zu
werden.
Nach Sonnenuntergang und pünktlich zum
Abendessen erreicht Friedhelm die Farm. Er besuchte das Südsternfreundetreffen
in der Nähe des Brandberges und hatte den Tag etliche Kilometer auf der
Schotterpiste hinter sich gebracht. Mit auf dem Jeep der heiß ersehnten 24"
Dobson und das 25x150 Großfernglas, das wir von ICS gemietet hatten. Trotz
Dunkelheit steht das Teleskop innerhalb von 20 Minuten einsatzbereit und
justiert auf der Wiese des Innenhofes. Für den Aufbau und der Nutzung des
Teleskops ist es klar von Vorteil, dass die meisten von uns selber Teleskope
ähnlicher Größe unser eigen nennen, diese sogar selbst gebaut hatten.
Neben dem Teleskopaufbau ist ein seit
Tagen das schönste Zodiakallicht zu beobachten
Zodiakalkegel am Abend
Während wir uns zu den eigenen Teleskopen
begeben nutzt Friedl die Chance Bernds Montierung für einige Aufnahmen zu
nutzen. Für ein ungekühlten Visuellen nicht schlecht, ich hätte es nicht viel
besser machen können ;-)
Milchstraße mit Kohlensack unterhalb des Kreuz des Südens (Mitte) und
Emissionsnebel Eta Carina (rechts unterhalb)
Friedl (ausschließlich visueller Beobachter) versucht sich mit 200mm Brennweite
und 3 Minuten Belichtungszeit an Eta Carina und dem OC NGC 3532
Die Zeit der langen Nächte bricht an,
schließlich ist mit Mond erst nach Einsetzen der astronomischen Dämmerung zu
rechnen. Während sich Friedl fotografisch im Centaurus bewegt, versuche ich
visuell noch ein tolles Objekt zu erhaschen.
Den "Südlichen Crescent"
NGC 3199
hatte ich bereits vor Tagen besucht, diesmal soll mein Aufenthalt etwas
länger dauern. Tatsächlich zeigt sich bei Filtereinsatz schnell Struktur
innerhalb des Nebels, die ich versuche zeichnerisch festzuhalten.
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Danach bleibt noch genug Zeit um mich
endlich den für uns Nordeuropäer schwierig zugänglichen südlichen Teilen der
Hydra - Wasserschlange zu nähern.
Die sehr helle und große NGC 3621
erinnert mich sofort an ihr Nordpendant NGC 4559. Der Körper wirkt sehr
unruhig, ohne jedoch klare Strukturen auszubilden. Letztendlich meine ich
die Struktur als eng anliegende Spiralarme fassen zu können.
Dagegen ganz anders aufgebaut ist
die gestreckte Galaxie NGC 5078, die SW einen ebenfalls elongierten
Begleiter - IC 879 aufweist. Die Galaxie selbst wirkt auf der langen
SW Seite abgeschnitten, ein Staubband als solches ist aber nicht direkt zu
sehen.
Eigentliches Ziel ist die unweit
postierte NGC 5101. Ich sehe zwar nicht den angestrebten Ring um die
Galaxie, dafür aber eine heller Balken mit Knoten an den jeweiligen Enden.
Für das völlig unscheinbaren
Südpolsternbild Octans - dem Oktant habe ich nur ein Objekt verzeichnet. Bevor
dieses aber eingestellt werden kann versuche ich zunächst einmal das Sternbild
zu finden, was sich als recht schwierig herausstellt. Ich erinnere mich an die
von der Sternwarte hallenden Flüche, als vor Tagen mehrere Teams Jagd auf das Oktantquadrat mittels Polsucher gemacht hatten. Als der begrenzender Faktor
stellte sich aber nach längerer Fehlersuche der völlig verdreckte Polsucher mit
Transmissionswerten gegen Null heraus.
Das interagierende Paar NGC 6438
und NGC 6438A stellt sich als höchst interessant heraus. Zwei von der
Morphologie völlig verschieden Galaxien scheinen sich hier gegenseitig
gravitativ zu stören.
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Doch für die nächsten Stunden ist erstmal
Schluss mit lustig. Eine für die Reise geplante Beobachtung aller Terzan
Kugelhaufen steht an, siehe eigenes
Projekt. Neben
Erfahrungen von Ronald Stoyan und eigenen Beobachtungen aus nördlichen
Breitengraden teile ich mir die Beobachtung in zwei Stufen ein. Zunächst
versuche ich die vermeintlich leichten Haufen mit 12" bzw. gemeinsam mit Achim
und seinem 17" zu beobachten. Für Stufe zwei plane ich den 24" zu nutzen. Los
geht es...
Für die Suche von Terzan 5
benötigen wir einige Zeit. Nach erfolgreicher Suche ist dieser dann sehr
schwach, aber sicher mit 12" als 1' große Aufhellung zu erkennen. Im 17"
taucht dann an der erwartungsgemäß einfacher zu erkennenden Aufhellung ein
schwacher Stern an der nördlichen Kante auf.
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Terzan 7, den ich bereits
erfolgreich mit 16" unter Hochalpenbedingungen beobachten konnte gehört zu
den einfachsten Exemplaren des Kataloges. Auch mit 12" ist dieser ein
leichtes Objekt und bereits in der Übersichtsvergrößerung zu erkennen. Bei
etwas höherer Vergrößerung zeigt der etwa 1,5' große Haufen im 12" ein gutes
halbes Dutzend Einzelsterne aus dem körnigen Hintergrund. Im 17" werden
daraus dann ein gutes volles Dutzend Einzelsterne.
Terzan 8, ebenfalls schon
beobachtet, zeigt sich als mit 2' recht große, runde Aufhellung, bei der sehr
gut die GC typische Konzentration zu verfolgen ist. Mit 12" kann ich 2
Sterne aus dem körnigen Hintergrund sicher separieren.
Terzan 1 kann ich mit 12"
nicht ausmachen. Dafür sehe ich zusammen mit Achim an seinem 17" eine 0,5'
kleine Fläche um ein schwachen 15mag Vordergrundstern. Das Sternfeld ist
sehr schwierig und benötigt exakte Aufsuchkarten.
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Terzan 2 kann ich ebenfalls
nicht mit 12" ausmachen. An der Wahrnehmungsgrenze sehe ich gemeinsam mit
Achim am 17" eine kleine Fläche sicher aufblitzen. An Einzelheiten ist nicht
zu denken.
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Terzan 3 ist dann wieder
deutlich einfacher. Im 12" zeigt sich eine 3,5' große Aufhellung mit
typischer Konzentration. Bei höherer Vergrößerung ist eine zum
Zentrum etwas verschobene Verdichtung zu erkennen. Aus dieser blitzen mit
17" Öffnung 6 Sterne heraus.
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Nach den harten Nüssen genehmige ich mir
gegen 1.30 eine Pause und tanke etwas Kaffee und knabbere an mehreren Kudukeksen
herum. Die Pause im Farmgebäude wirkt sich auf eine etwa 10 Stunden dauernde
Nacht sehr positiv aus. Es ist eine tolle Atmosphäre, da man sich meist mit den
anderen Beobachtern trifft und über die Ergebnisse austauscht. Nach
vollständigen Entleeren der Thermoskannen schöpfen wir wieder Motivation, die
Nacht hat noch gut 3 Stunden. Zunächst gönne ich mir aber noch ein
"Schmankerl".
Messier 55, mit immerhin -31°
Deklination in nördlichen Breiten meist mehr Dunst als Kugelhaufen zeigt
sich von Namibia aus als wunderbarer, relativ lose verteilter großer Haufen, der auch mit
12" voll aufgelöst wird.
Der Skorpion bewegt sich langsam aus dem
Zenit. Es ist daher an der Zeit mich intensiver darum zu kümmern. Für viele ist
es das schönste Sternbild am Himmel.
NGC 6337 ist mein
persönlicher Liebling. Seit ich den PN das erste Mal fotografisch sah, hat er
es mir angetan. Wie schon erwartet sehe ich zwar die beiden Sterne im
auffälligen Ring, die Dreiersternkette innerhalb des PN kann ich aber nicht
in Einzelsterne auflösen. Sie bleibt mir als sehr schwacher Streifen.
Der recht große PN NGC 6072
reagiert zwar nur mäßig auf [OIII], die Details werden aber deutlicher. So
wird der PN von einem hellen, flächigen Knoten im SO dominiert.
Der von Astrofotos sehr bekannte
Katzenpfotennebel NGC 6334 ist als solcher ähnlich wie auf Fotos zu
erkennen. Die Pfotenabdrücke reagieren gut auf [OIII]. Zwar nicht übermäßig
spektakulär, sicher aber ein Besuch wert.
Genug im Skorpion, bevor es zum nächsten
Sternbild geht besuche ich einen direkten galaktischen Nachbarn - Grüße in die
Lokale Gruppe
Die erst 1977 im Sternbild Schützen
entdeckte Zwerggalaxie SagDIG (Abkürzung für Sagittarius Dwarf
Irregular Galaxy) zeigt sich als recht schwierig zu erkennende kleine
Aufhellung, die aber indirekt sicher gehalten werden kann. Innerhalb der
leicht ovalen Fläche blitzen immer wieder 3-4 Vordergrundsterne heraus.
Letztes Sternbild der Nacht soll
Phönix (lat. Phoenix) werden.
Zunächst die Galaxiengruppe um
NGC 92, auch Roberts Quartett genannt. Die visuell sehr reizvolle
Gruppe weist mit ihren 4 relativ hellen Mitgliedern (NGC 87, NGC 88,
NGC 89, NGC 92) auf Grund ihrer engen Verteilung auf 3,5'Areal und ihrer
netten dreiecksförmigen Verteilung einen sehr kompakten Charakter auf, insgesamt
ein wunderbares Quartett.
Das interagierende Paar um NGC
454 zeigt sich schwieriger als gedacht. Aus der sehr kleine Gruppe
können zwar zwei Einzelgalaxien separiert werden, viel mehr bleibt visuell
aber nicht.
Dagegen ist der Phoenix Dwarf,
kurz nach seiner Entdeckung zunächst als Kugelsternhaufen klassifiziert,
deutlich einfacher als erwartet. Das Mitglied unserer Lokalen Gruppe zeigt
sich als 5'x3' N-S elongierte Aufhellung, die indirekt problemlos gehalten
werden kann.
Der Zodiakalkegel wird immer auffälliger
und wirkt für den Himmelsbereich indem er steht sogar als störend.
Die Dämmerung ist nicht mehr fern, sodass ich nur noch einen kurzen Abstecher
ins Sterbild Tucana - dem Tukan machen kann. Als Sternbild nicht sehr
auffällig enthält es doch eines der Paradeobjekte des Südhimmels, die Kleine
Magellanische Wolke.
Zunächst bleibe ich bei unserer
galaktischen Nachbarschaft und steuere mit dem Tucana Dwarf ein
weiteres Mitglied unserer Lokalen Gruppe an. Leider kann ich mit 12" rein
gar nichts von dem Objekt erkennen - was sich mit Einsatz von größerer
Öffnung noch ändern soll.
Nach einem kurzen Schwenk durch die
Kleine Magellanische Wolke (SMC) steuere ich erst 47 Tuc, bzw. NGC 104 an, bevor
ich das Teleskop noch weitere 35' nördlich bewege. Im Gesichtsfeld befindet
sich mit NGC 121 ein weitere Kugelsternhaufen, der im Gegensatz zu
NGC 104 direkt zur SMC gehört. Dieser auf Grund seiner großen Entfernung
sehr dicht gepackte GC ist untypisch für einen GC 3:2 O-W elongiert. Trotz
gut nachvollziehbarer Konzentration zur Mitte und 1,5' Durchmesser ist der
GC nicht aufzulösen.
Es ist bereits nach 5.00 Uhr. Während das
erste Team bereits gegen 4.00 Uhr die Segel gestrichen hat, ist der Rest auch
langsam beim Abbauen. Die Planeten sind wie jeden Nacht die letzten Objekte.
Nach Jupiter und Venus zeigt der nur 5" messende Mars bereits dunkle
Flecken - erste Ansätze von Struktur am winzigen Scheibchen. Zusätzlich zu den
morgendlichen Planeten gesellt sich nun auch Merkur dazu, der neben Aldebaran in
den Hyaden zu finden ist. Auf einen Blick werden so 3 Planeten sichtbar, ein
schöner Anblick.
Morgendämmerung mit Venus, links daneben Mars, unterhalb die aufgehenden
Plejaden, knapp rechts unterhalb Merkur, sowie rechts davon Aldebaran in den
Hyaden