Gegen 9.00 Uhr treffen wir uns alle ungewöhnlich
zeitig zum Frühstück am runden Tisch. Friedl und ich sind die letzten, was
in den nächsten Tagen so bleiben soll. Das Gedeck ist reichhaltig, es fehlt an
nichts, lediglich von der Marmelade halte ich Abstand. Es ist allerdings fehl am
Platz an einem solch ausgesetzten Platz mitten in Afrika großen Ansprüche zu
fordern.
Da uns der geplante Nachtaufenthalt auf dem Gamsberg verwehrt bleibt und eine Besteigung
des benachbarten Kleinen Gamsberges mit Ausrüstung so gut wie unmöglich scheint
disponieren wir um - Codewort GKGB (ganz Kleiner Gamsberg). Dieser nennt sich
"Walters Point", eine Anhebung mit sehr guter Horizontsicht in allen Richtungen.
Der GKGB ist in gut einer halben Stunde Gehzeit vom Farmgebäude problemlos
erreichbar. Friedl und ich erkunden diesen Platz und befinden ihn für "astrotauglich".
Am Abend des 25.06. sollen wir diesen Aussichtpunkt wieder besuchen.
am Aussichtspunkt "Walters Point" (GKGB), im Hintergrund die Farm mit Sternwarte
Nach der Wanderung steht noch die
notwendige Gerätewartung an, Lager säubern, Adapterplatten montieren und mittels
mitgebrachten Spezialwerkzeug die empfindlichen Optiken justieren.
vor der Dämmerung noch Instrumentenpflege und Gerätejustierung
Von Morgens an ist es wolkenlos. Das blau
des Himmels ist sehr tief, die Sonne lässt sich mit einem Finger komplett
abdecken, ein Zeichen, dass sich weder Feuchtigkeit, noch Dreck oder Buchenpollen in
der Luft befinden. Nach Sonnenuntergang schreitet die Dämmerung schnell voran.
Das erste Mal sehen wir den sehr auffälligen Erdschatten. Im Hochgebirge zwar
auch sehr intensiv wahrzunehmen toppt dieser meine bisherigen Eindrücke.
der erste Erdschatten
In der kurzen Dämmerungszeit findet ein
für uns ungewohntes Spiel der Farben statt. Traumhaft, dass wir dieses direkt
vom Esstisch verfolgen können. Eine sicher einmalige Aussicht durch die großen
verglasten Flächen ermöglicht uns dies.
Dämmerungsfarben am Abend
Vor dem Abendessen suchen Achim, Hubert
und ich Plätze für die Teleskope aus. Wir entscheiden uns für einen Standort
südlich der die Farm umgebenden Mauer und bauen bereits auf, sodass es nach dem
Abendessen sofort losgehen kann.
Bevor ich mit dem eigentlichen
Südprogramm starte möchte ich noch 3 ausstehende, sehr südlich stehende Abell PN
meines
Beobachtungsprojektes versuchen. Meine Teleskopzeit fängt also offiziell
an.
Bei Abell 23 bin ich mir mit
12" Öffnung unsicher. Zwar erahne ich in der Nähe der exakten Stelle eine
Aufhellung, ein naher schwacher Stern könnte diese aber vortäuschen. Ich
bitte Achim mit seinem 17" nach dem PN zu schauen. Hier ist die Sachlage
klarer, der PN ist als kleine Fläche indirekt zu halten und gut von dem
schwachen Stern zu trennen.
Abell 26 ist dann auch als
kleine, strukturlose Fläche mit [OIII] und 12" Öffnung bei 2mm AP zu halten.
Bei Abell 27 stelle ich fest,
dass ich keine exakten DSS Ausdruck zur Verfügung habe. Ich suche den PN mit
der Uranometria, die die Position maßstabsbedingt nur grob festlegen kann. An einer Stelle
sehe ich eine kleine Aufhellung, skizziere mir diese und stelle bei der
Nachbereitung am nächsten Tag fest, dass ich richtig lag.
Abell 40, der letzte Abell
meiner Liste ist der einfachste. Dieser erscheint als runde, klar flächig
wahrzunehmende aber strukturlose Fläche.
1,6° SO von Abell 40 fällt mir in
der Karte noch der GC NGC 6235 auf. Dieser zeigt sich als kleiner,
trotz 12" voll aufgelöster Haufen mit unregelmäßiger Konzentration und einer
leicht dreiecksförmigen Erscheinen.
Die Abells sind durch, im Vergleich zu
den kommenden Objekten zwar nicht sonderlich spektakulär, aber doch mit eigener
Faszination. Nun folgt mein Südhimmelprogramm. Diese habe ich in eine Liste
gegliedert, die nach Sternbildern geordnet die jeweiligen Objekte zeigt. Diese
sind zusätzlich nach Abend-, Mitternacht- und Morgensichtbarkeit geordnet.
Einsteigen tue ich bei dem kleinen Sternbild Antila - der Luftpumpe, bei
dem ich zwei Objekte verzeichnet habe.
Die Galaxie NGC 2997 zeigt
sich gleich als Überraschung. Deutlich sind zwei helle Spiralarme mit
involvierten Knoten und Sternen zu sehen. Der Anblick lässt mich nicht mehr
los, in der nächste Nacht kehre ich zu dem Objekt zurück und zeichne es.
Weiter im Programm mit der 3'er
Gruppe um NGC 3347. Details sehe ich bei den Galaxien leider nicht.
Gegen 22.00 Uhr kommt Wind auf. Unsere nicht
ganz windresistenten Reiseteleskope halten diesen nur bedingt stand, sodass wir
an einen windgeschützten Platz umbauen. Dort nehme ich mir das an schönen Deep
Sky Objekten gut bestückte große Sternbild Carina - dem Schiffskiel vor.
Diese steht mitten in der Milchstraße und beherbergt mit der Region um den Eta
Carina Nebel die für mich interessanteste Region am Himmel überhaupt. Bevor ich
mich einzelnen Objekten widme schwenke ich eine gute halbe Stunde planlos im
Sternbild umher - ein Traum. Gesichtsfeld für Gesichtsfeld wechseln sich Offenen
Sternhaufen, Kugelsternhaufen, helle Nebel und Dunkelnebel ab, einer schöner als
der andere. Von den anderen höre ich, dass es ihnen bei dieser Region ähnlich
geht. Doch zu den Objekten.
Selbstverständlich ist der erste
Anlaufpunkt der Eta Carina Nebel. Auf etwa 1,5° Durchmesser verzweigt
sich ein sehr heller Emmisonsnebel, geteilt von massiven Dunkelnebeln. Von
der Helligkeit ähnlich wie der Orionnebel, nur deutlich größer und in einem
schöneren Sternumfeld.
Etwas nördlich des Zentrums des
Nebels steht der 6,5mag helle Stern Eta Carina. Um diesen befindet sich
einer der jüngsten, visuell zu erfassenden Nebel, Produkt aus einer 1843
stattgefundenen Eruption - der Homunculus
Nebel. Visuell sind bei hoher Vergrößerung zwei kleine Blasen um den
Stern wahrzunehmen. An einem der letzten Tage ist das Seeing gut genug um
ihn mit 24" zu beobachten und zu zeichnen, später also mehr davon.
Auf dem Weg zu NGC 3199 stolpere ich
über den großen, bereits ohne Filter hellen Nebel NGC 3324, der sich
um einen Offenen Sternhaufen gesellt. Mit Filter zeigt sich eine etwa 15'
große, sichelförmige Aufhellung.
Unweit davon befindet sich der
interessante OC NGC 3293. Diesen verwechsele ich zunächst mit dem
"Schmuckkästchen", da dieser ebenfalls Sternketten und einen sehr roten Stern
aufweist.
Angekommen bei dem eigentlichen Ziel
NGC 3199 erstreckt sich eine helle, strukturierte sichelförmige
Aufhellung. Vom Aussehen und der Physik ähnlich wie der Crescent Nebel und
für mich daher der "Crescent des Südens". Auch diese Objekt nehme ich mir
noch genauer vor.
Der große OC NGC 3532, den
ich bereits im Fernglas beobachtete verliert im Teleskop etwas seinen Reiz.
Beeindruckend sind aber immer noch die vielen 8-10mag hellen Sterne, verteilt
auf etwa 0,5°.
Nächstes Objekt soll der
Nebelkomplex um NGC 3576 sein. Verteilt auf ein gutes halbes Grad
sind hier einige helle Nebel unterschiedlichen Typs zu sehen, was sich durch
unterschiedliche Wirkung des Nebelfilters bemerkbar macht.
Knapp östlich davon befindet sich
mit NGC 3603 ein aus physikalischer Sicht hochinteressantes Gebiet. Um
einen sehr kleinen und kompakten Sternhaufen, der hauptsächlich aus jungen Wolf-Rayet-Sternen besteht ist der dazugehörige Nebel zu sehen.
Weiter geht es in dem ebenfalls mitten in
der Milchstraße postierten großen Sternbild Centaurus, bekannt durch
seinen hellen Kugelsternhaufen und der massiven Radiogalaxie. Erste Ziele sollen
aber andere Objekte sein.
NGC 3918, auch "Blauer PN"
genannt wirkt bei großer AP nur mäßig blau, bei hohen Vergrößerungen
zeigt sich eine leicht elongierte Scheibe mit gegenüberliegenden, besser
definierten Kanten.
NGC 4603 befindet sich in
Mitten einer Galaxiengruppe aus hellen Einzelgalaxien. Das Objekt selbst
zeigt sich als leicht unruhige Struktur, die ich aber nicht genauer fassen
kann.
Eines meiner wichtigen und im
Beobachtungsprogramm fett markierten Ziele ist die Polarringgalaxie NGC 4650A.
Diese zeigt sich mit 12" Öffnung als längliches Gebilde mit hellerem
Zentrum. Mehr dann mit 4-facher Lichtsammelfläche in den nächsten Tagen.
Dem letzten Objekt vor Mondaufgang
widme ich mich intensiver, der großartigen Galaxie NGC 4945. Mein
auferlegtes Zeichenverbot breche ich und fange an die reichen Details auf
Papier festzuhalten.
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Ähnlich wie die vorige Nacht versammeln
wir uns zur Mondaufgangszeit gegen 1.00 Uhr und beobachten diesen. Ungewohnt ist,
dass der Mond fast waagerecht aufgeht, beide Spitzen der nur noch dünnen Sichel
gehen fast zeitgleich auf. Nach dem Obligatorischen "Absackerbier" ist nun
wieder Augenpflege angesagt.