Am Limit - Zwei Nächte Deep-Sky mit 4"
Almgebiet überhalb des Sudelfeldes
(Bayrischzell) mit Blick auf das Kaisergebirge (Osten)
- "Deep Sky fängt erst bei 8
Zoll an"...sagt man
- "8 - 10 Zoll ist das ideale und typische Einstiegsfernrohr um helle
Objekte einigermaßen gut wahrnehmen zu können"...sagt man
- "Hickson Galaxiengruppe, Abell PN oder Palomar Kugelsternhaufen sind nur was
für große Öffnungen"...sagt man
Doch ehe man sich auf das
oft Gesagte verlässt sollte man lieber selbst ausprobieren was mit
wirklich kleinen Öffnungen gehen kann.
Eingesetzt wurde zu dieser Beobachtung ein kleiner, etwas modifizierter
handelsüblicher
4" Newton. Zieht
man die Reflexionsverluste beider Spiegelflächen und die eher unerhebliche
Obstruktion ab, kommt man auf eine effektive Öffnung von etwa 80mm und landet
genau dort, was viele als Reiseteleskop ihr Eigen nennen bzw. was problemlos in
dunkel Gefilde transportiert werden kann. Denn dunkel muss es sein. Bei den Beobachtungen in den bayrischen
Voralpen zeigte das SQM einen Milchstraßenbereinigten Wert von etwa 21,7, welcher nach eigenen Erfahrungen auf guten Plätzen innerhalb
Deutschlands möglich ist. Eigene, nicht !! mit den objektiven SQM
Werten vergleichbare Grenzgrößenschätzungen beliefen sich auf
etwas mehr als 6m5 am Pol. Doch nun zu den Objekten.
Die erste Nacht...
...begann eher ernüchternd als ich feststellte, dass ich den Okularkoffer daheim stehen hab lassen...nicht schön, aber selten :-)) Doch zusammengeschnorrte Okulare von Kollegen Friedl und Manuel ließen das erste Objekt in gewohnten Glanz erscheinen. Nachdem ich im Frühjahr bereits die hellste Hickson Gruppe...
Hickson 44 um NGC
3190/3189 mit 4" beobachten hatte und problemlos 3 Einzelmitglieder (siehe
Projektseite) sehen konnte wie auf der Zeichnung zu erkennen ist, war es
nun Zeit das Gebiet um
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NGC 5353, Hickson 68
genauer zu beobachten. Tatsächlich waren bei 88-facher Vergrößerung 4
Einzelmitglieder zu beobachten. Neben der ebenfalls im Gesichtsfeld
stehenden NGC 5371 gab diese Gruppe ein wunderschönes Bild ab. Selbst die
mit 14bmag (13vmag) NGC 5355 konnte indirekt ständig gehalten werden.
Besonders schön natürlich das einfach zu trennende Paar NGC 5353/5354
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Der Himmel war transparent genug um in den wenigen Stunden ein paar weitere wohl mit 4" weniger beobachtete Objekte zu probieren. Mein Wahl fiel auf ein paar schwache Planetarische Nebel des Abell Kataloges, dessen 79 echte Mitglieder ich mit größerer Öffnung bereits alle, wenn auch nicht alle mit positiven Ergebnis beobachten konnte.
Abell 50 (NGC 6742) war überraschenderweise bereits bei 44x ohne Filter zu sehen! Die kleine Fläche reagierte positiv auf den eingesetzten UHC-Filter und ließ den PN indirekt leicht halten.
Ähnlich wie Abell 81 (IC 1454), der ebenfalls bereits ohne Filter als kleiner Fleck zu sehen war. Der Filter brachte jedoch nicht die erhoffte große Verbesserung, weswegen ich diesen PN bei 55x so beobachtete.
Abell 75 hingegen war nicht zu erkennen.
Abschluss der kurzen Nacht bildeten der komplett ins 5° Gesichtsfeld passende Cirrusnebelkomplex, sowie der traumhaft erscheinende Nordamerikanebel. Der Pelikannebel ist bei Einsatz eines [OIII] Filters auch mit 4" einfach zu erkennen und das Erfassen der eigentlichen Form bereitet mit unter weniger Schwierigkeiten als mit größeren Optiken.
Für die zweite Nacht...
...stand endlich eine Nacht am Wochenende zur Verfügung. Der spät untergehende Mond und später aufziehende Wolken verhinderten jedoch eine "Dusk till Dawn" Beobachtung. Wieder dabei war Friedl mit seinem 16" Meisterstück. Neben bekannten und oft angefahrenen "Standartkerzen" sollten diesmal ein paar Kugelsternhaufen des Palomar Kataloges auf der Liste stehen, die ich vor Jahren bereits mit 16"-24" alle erfolgreich beobachten konnte...doch was geht mit eigentlich so mikroskopischer Öffnung von 4"...
Palomar 9 (NGC 6717) auf jeden Fall vollkommen problemlos. Bereits bei niedriger Vergrößerung von 31x fällt südlich des 5mag hellen nu Sgr ein kleiner Nebelfleck auf. Die Helligkeit veranlasst mich auf 126x zu vergrößern. Der helle Fleck offenbart sich als runde, sogar zur Mitte hin konzentrierte Fläche. Überrascht bin ich etwas über die Einfachheit, der GC ist regelrecht hell und auffällig.
Auf den Weg zu Palomar 7 besuche ich im Starhop noch zwei weitere unbekannte Kugelsternhaufen.
NGC 6517 ist die vom Startpunkt nu Oph erste Haltestelle. Bei 44x wirkt der GC immer noch sehr klein, erst bei 88x kann dieser eindeutig flächig wahrgenommen werden. Der relativ schwache Haufen scheint mir leicht zur Mitte hin konzentriert, ab und an blitzt ein stellarer Kernbereich durch.
NGC 6539 dagegen wirkt deutlich größer. Zu meiner Überraschung ist der auch relativ schwache Haufen bei 88x klar körnig, erste Einzelsterne scheinen greifbar.
Palomar 7 ist bei der Übersichtsvergrößerung von 18x noch nicht zu sehen. Doch bereits ab 44x ist knapp südlich eines 11mag Sterns ein schwacher Fleck zu sehen. Bei 63x wirt dieser am einfachsten, ist annähernd rund und zur Mitte hin konzentriert. Zwar schwach, aber problemlos indirekt zu halten.
Palomar 8 ist eigentlich mit seinen knapp -20° Deklination schon Stunden über der Kulmination und kratzt wenige Grad über dem Horizont. Ich versuche es trotzdem.
Palomar 8 dankt es mir als eines der schönsten Objekte des Abends. Bereits bei 44x taucht im reichen Sternfeld der südlichen Milchstraße des Schützen an besagter Stelle ein kleine, geisterhaft wirkende Aufhellung auf. Bei 88x ist diese dann einfach als runde, zarte Fläche zu sehen, an dessen Rand ein paar schwache Sterne stehen. Insgesamt ein wunderbarer Eindruck.
Nach den schwachen Kugelsternhaufen werden ein paar hellere Kandidaten eingestellt.
Messier 15 kann direkt eingestellt werden, die Sichtung mit dem Auge fällt einfach. Im 4" zeigt sich ein gut angelöster Haufen knapp 18' westlich des 6mag hellen Nachbarsterns.
Punkten tut stets der Andromedanebel Messier 31, diese ist über knapp 2,5° Länge zu verfolgen. Das hellste Staubband ist bereits angedeutet, genau wie die helle Sternwolke NGC 206. Einfach auch die beiden Begleiter M 32 und M 110.
Wie wäre es mit Stephans Quintett mit 4"...unmöglich? Als Startpunkt für die Suche muss...
NGC 7331 herhalten, die bei 88x als 3:1 N-S elongierte Galaxie im Raum schwebt. Ein kurzer Versuch die Begleiter visuell zu erfassen misslingt mir.
Stephans Quintett dagegen ist nach einiger Suche mit 44x als sehr schwache Fläche ein knappes halbes Grad SSW von NGC 7331 zu sehen. Etwas überrascht über das doch zügige Auffinden vergrößere ich weiter auf 88x und verweile eine Zeit beim Quintett. Was ich am Anfang noch ungläubig wahrnehmen konnte bestätigt sich immer mehr, die Galaxien sind zu separieren. Insgesamt kann ich aus der nicht unbedingt schwer zu haltenden Aufhellung zwei Schwerpunkte ausmachen. Einfachster ist NGC 7320, der als etwas abseits gelegene Fläche sichtbar wird. Etwa 2' NW befindet sich ein weitere, von NGC 7320 zu trennender Helligkeitsschwerpunkt, der aber insgesamt weniger flächig wirkt. Hier erscheinen dich nicht zu trennenden NGC 7318A und B als ein Fleck. Weitere Galaxien kann ich jedoch nicht ausmachen
Etwas angespornt dadurch versuche ich noch einen "artfremden" PN, Abell 79, der mir jedoch verborgen bleibt. Letztes schwieriges Objekt soll wieder ein Kugelsternhaufen sein. Ohne genaue Aufsuchkarte schwenke ich auf...
Palomar 12, an dessen grober Stelle sofort ein für 44x enger 11mag Doppelstern auffällt. Dieser lässt sich zwar problemlos trennen, es bleibt aber ein schwer zu fassender Nebel um den Doppelstern, der sein Schwerpunkt nordöstlich des DS hat. Der Nebel lässt sich aber in keinem Moment von Stern trennen. Eine eher unsichere Beobachtung am absolutem Limit, auch wenn alles für eine von der Position aus gesehen positive Beobachtung spricht.
Der Himmel scheint immer noch transparent genug zu sein. Untypisch allerdings, dass die SQM Werte Zusehens in den Keller rutschen, obwohl sich die Milchstraße aus dem Messkegel bewegt und eigentlich steigende Werte zu erwarten wären. Bei der Suche nach Mirachs Ghost NGC 404 verzweifele ich. Ähnlich geht es Friedl am 16", der den eigentlich ebenfalls auffälligen Jones 1 nur unter Schwierigkeiten findet. Erst jetzt bemerken wir eine extrem feine hohe Wolkenschicht, die Durchsicht rutscht in Minuten in den Keller, Zeit zum Abbauen, obwohl die Morgendämmerung nicht mehr weit entfernt ist.
Schön war es...erstaunlich, was 4" unter entsprechendem Himmel zeigen kann, wenn man sie nur lässt...