Nacht 1 - 15.06. - 16.06.09

Nach einem ruhigen Nachtflug ohne viel Schlaf landen wir am frühen Morgen des 15.06. in Windhuk. Die beeindruckenden Farben des Sonnenaufgangs, den wir noch ungetrübt aus 10000m Höhe genießen und bestaunen konnten haben sich gelegt. Es ist leicht bewölkt und etwas diesig. Waltraud, die zusammen mit ihrem Vater Walter und Lebensgefährten Friedhelm auf der Farm Hakos das Regiment führt wartet bereits auf uns. Das Auschecken läuft problemlos und so können wir zügig den Anhänger mit unseren Koffern beladen und bald aufbrechen. Mit dabei Rudi, ein sehr sympathischer österreichischer Astrofotograf der Sternfreunde Steyr stößt zu unserer 7-köpfigen Gruppe dazu. Die Fahrt nach Windhuk, immerhin noch auf einer gut asphaltierte Straße dauert eine dreiviertel Stunde. Eine geplante Einkaufstour fällt ins Wasser...alles noch dicht.


Zwischenstopp in Windhuk...trotz Bewölkung und Einkaufszentrum (beides geschlossen) gute Laune

Weitere, uns endlos vorkommende Kilometer, meist auf Schotterpisten, genannt "Pads" biegen wir nach etwa 2,5 Stunden Fahrt von der Hauptpad ab. Ein Schild "Hakos 7km" weist uns den Weg. Nach weiteren Minuten holpriger Fahrt erblicken wir endlich das Ziel - das auf einer Anhöhe gelegene Farmhaus. Das Auspacken geschieht schnell, sodass wir unserer Zimmer in dem älteren, aber voll intakten und sauberen Gebäudetrakt des groß und verschachtelt gebauten Farmgebäudes beziehen können. Nach dem Motto, "erst die Maschine, dann der Mensch" bauen wir zunächst unsere Geräte auf. Amtshandlung Nummer 1 ist diese vom Staub der Fahrt zu befreien. Es ist leider immer noch bewölkt, wir sind aber zuversichtlich und stecken voller Tatendrang.


Achim und ich bauen den 12" auf - selbstverständlich mit Spezialwerkzeug

Nach einer Mütze voll Schlaf erkunde ich die nähere Umgebung. Ein paar Meter Richtung Gamsberg befindet sich die Sternwarte der IAS, ein Gebäudekomplex aus einem Kuppelbau, einem Gebäude mit zwei abfahrbaren Rolldächern und einige, meist leere Schweineställe.


...immer noch bewölkt, Blick über die IAS Sternwarte Richtung Gamsberg

Nach Sonnenuntergang, der etwa um 17.00 Uhr stattfindet wird es sehr schnell dunkel. 17.30 Uhr ist Abendessen angesagt, ein Termin den keiner auslässt. Es gibt Kudu, eine afrikanische Antilopenart. Die Gastgeber und die nette Köchin Sarah zaubern aus diesem sehr fettarmen und zarten Fleisch die leckersten Mahlzeiten.

Nach der ersten Sättigung kann ich es nicht aushalten und plane kurz nach dem Rechten vor dem Farmgebäude zu schauen. Einfacher gesagt als getan. Als ich auf Höhe der Eingangstür bin sehe ich rein gar nichts mehr, auch nach mehreren Sekunden Dunkelanpassung nicht. Ich taste mich langsam aus dem Gebäude - UND sehe das erste Mal Sterne des Südhimmels. Ich stehe immer noch im stockdunklen Innenhof des Farmgebäudes, weiter traue ich mich nicht, habe ich auch nicht nötig. Ich bin geplättet, mir fehlen die Worte. Was ich durch die Wolkenlücken sehe beeindruckt mich zutiefst, die hellen Milchstraßenpartien und die am Himmel für mich zunächst wie Fremdkörper wirkenden Magellanischen Wolken. Ich muss schlucken. Letztendlich taste ich mich bis ans Zimmer vor und hole mir eine Weißlichtlampe, ein Gedanke der mir in nördlichen Gefilden nicht im Traum einfallen würde. Mit der Lampe kann ich nun sicher Richtung Farmgebäude navigieren. Angekommen am Esstisch fuchtele ich immer noch ein wenig benommen wild mit der Lampe umher. Es scheint Wirkung zu zeigen, die Nervosität am Tisch steigt, einer nach dem anderen begibt sich nach draußen.

Eine für mich fundamentale Frage stellt sich gleich am Anfang, wie Einsteigen in die erste Südnacht überhaupt? Ich schnappe mir einen Liegestuhl und zerre die schwere Stahlkonstruktion nach draußen an einen ruhigen Ort. Ausrichten tue ich sie gegen Süden. Während sich die anderen an ihren Teleskopen zu schaffen machen entscheide ich mich für die Minimalausrüstung - ein etwa 50 Jahre altes 8x30 Fernglas mit fachmännisch entfernter Vergütung, den Karkoschka, eine Rotlichtlampe und das Polster für die Liegekonstruktion. Ziel für mich ist, den für mich unbekannten Himmel Sternbild für Sternbild kennen zu lernen und mit dem kleinen Fernglas alle im Karkoschka verzeichneten Paradeobjekte anzufahren.

Doch zunächst lege ich alles zur Seite und mache es mir auf dem Polster bequem. In mir kommt ein ungewohntes Gefühl auf, unter einen von Sternen übersäten Himmel zu sitzen und nicht annähernd zu wissen was sich über einen befindet. Das etwas reservierte Gefühl weicht zugleich in eine Art Spannung. Erste markante Sterne befinden sich exakt über mir, der Raabe in ungewohnter Position. Mit den Magellanischen Wolken, das Kreuz des Südens mit der auffälligen Dunkelwolke des Kohlensacks und den hellsten Stern, den ich richtigerweise als α Centauri interpretiere eröffnet sich für mich der Vorhang in eine andere Welt und gleichzeitig der Startpunkt im Karkoschka. 

Für mein Einstieg verweile ich zunächst noch im "Mutterhaus" - unserer Milchstraße als solches. Diese meine ich bereits in ihrer vollen Pracht zu kennen, beobachtet von den vielen Aufenthalten an Hochgebirgsstandorten in Mitteleuropa. Was ich so jedoch nicht kenne und für mich die erste Überraschung darstellt ist die Farbe Schwarz der Dunkelnebel. Was sich als extrem harte Kontraste bereits mit dem bloßem Auge abzeichnet nimmt mit dem Fernglas richtig Gestalt an. Dunkelnebel erhalten eine ganz andere Definition für mich. Ob dieser dramatische Unterschied an der besseren Himmelsqualität oder an der an Dunkelwolken reicheren Milchstraßenabschnitte liegt kann ich noch nicht sagen. Ich raffe mich wieder auf und versuche ein wenig Systematik hineinzubringen. Anfangen tue ich einfach mit der Karte "S 0" und hangele mich durch die 9 südlichen Karten. Zusätzlich beobachte ich noch die südlichen Objekte der Nordkarten. Da ich nur zu ausgewählten Objekten Notizen gemacht habe ist die Beschreibung der Tour nicht vollständig.

Achim kommt vorbei und erinnert an den baldigen Mondaufgang, der etwa um 0.00 Uhr stattfinden soll. Ich zerre die Liege wieder auf ihren Stammplatz und wir treffen uns an einen Platz, der uns eine gute Sicht Richtung Mondaufgang verspricht. Auch wenige Minuten vor Aufgang ist rein gar nichts vom Mond zu erkennen. Plötzlich bemerken wir einen fahlen Schein am Horizont - das aufgehende Aschgraue Mondlicht. Wenig später schieben sich fast zeitgleich beide Hörner über den Horizont. Erstaunlicherweise wirkt sich das Vorhandensein des Mondes kaum auf die Himmelshelligkeit aus. Die Milchstraße thront weiter hell im Zenit. Wir lassen es gut sein, gönnen uns noch ein Bier und legen uns aufgewühlt von den Eindrücken, aber Müde von der Anreise hin.

zur nächsten Nacht