3 Nächte Deep-Sky in den Hochalpen

- Beobachtungen auf der Bieler Höhe (Silvretta) -


Abenddämmerung auf der Bieler Höhe, Blick in Richtung Westen

Nach eher durchwachsenem Frühjahr und Sommer boten sich am Neumond Ende August 2008 erstmalig im Jahr die Möglichkeit die perfekten Bedingungen eines hochalpinen Beobachtungsstandortes auszukosten.
Zunächst gewohnte Plätze an der Großglockner-Hochalpenstraße als Beobachtungsort im Auge, schwenkte ich nach Studium der Wetterkarten und Telefonaten mit Bernhard um und fasste mal wieder die Silvretta ins Auge, die ich bereits seit 2005 regelmäßig zu astronomischen Beobachtungen aufsuchte. Neben Bernhard war zunächst auch Gerhard aus Stuttgart von der Partie. Trotz mäßiger Vorhersagen für die Nacht vom Donnerstag auf Freitag trafen wir uns am späten Nachmittag auf dem Platz...die Entscheidung sollte sich als richtig herausstellen.

 

Die erste Nacht

Am Großparkplatz westlich des Silvretta-Hauses aufgebaut, hielten sich noch Reste tiefer Wolkenfelder einer sich im Norden befindlichen Wetterstörung. Diese sanken langsam aber stetig und brachten bis Mitternacht einiges an Feuchtigkeit mit, untypisch für diese Lage über 2000m Höhe. Dieses mäßigen Bedingungen brachten zwar an den freien Stellen gute Durchsicht, ließen Teleskope und Ausrüstung aber mächtig schwitzen. Davon etwas gebremst fingen wir mit den ersten Objekten an...

Die Feuchtigkeit macht der Durchsicht zu schaffen, Seeing ist auch nicht ideal. Ich entscheide mich mit Hilfe vom mittlerweile nicht mehr erhältlichen PN-Buch, dem "Hynes" ein paar PN aufzusuchen.

Die etwas "verwurmte" erste Nachthälfte ist vorbei. Die Wolken sind abgesunken, die Luft wird deutlich trockener und der Himmel zusehends transparenter. Der Gegenschein ist problemlos zu sehen. Die gemittelten SQM Werte zeigen nun 21,69, trotz Milchstraße. Ich nutze die jetzt sehr guten Bedingungen um ein wenig mit 4" Öffnung zu schauen.

Doch nun zurück zu 16" Öffnung und mir bis dato unbekannten aber nicht weniger schönen Objekten.

Das Zodiakallicht ist bereits seit etwa 2 Stunden als helle Aufhellung im Osten zu sehen. Gerhard vermutet erst Lichtverschmutzung, sieht den Irrtum aber nächste Nacht bei fehlendem Licht ein. Die Dämmerung fängt etwa 4.50 Uhr an. Man kann sie fast auf Minute mit dem SQM Messen, lange bevor man sie visuell erfassen kann. Mit der Sculptorgalaxie NGC 253, dem nahen GC NGC 288 und dem wunderschönen PN NGC 246 stellen wir noch ein paar "Rausschmeißer" ein.


Morgendämmerung, Bernhard am 18" Obsession

Nun wird es zusehends heller, wir lassen die Dämmerung auf uns wirken und bauen schließlich in der hellen Dämmerung ab, begleitet von der aufgehenden schmalen Mondsichel.


Dämmerung mit schmaler Mondsichel am Morgen des 29.08.2008

 

Die zweite Nacht

Im Laufe des Tages stößt Friedl zu uns, der seinen an Perfektion kaum zu übertreffenden 16" Selbstbaudobson mitbringt.  Nach einem fast wolkenlosen Tag beginnt die Nacht trocken und transparent. Die Dämmerungsfarben, sowie der wunderschön anzuschauene Erdschatten begeistern uns. Lediglich ein tückernder Generator eines nahen Wohnmobils nervt und passt so gar nicht in die sonst absolut stille Bergwelt. Die Farben werden zusehends blasser, der Kontrast zu den schroffen Kanten der Gebirge härter...die Nacht kann beginnen.


Friedl's 16" am Auskühlen, die Nacht wartet

Weiter geht es mit ein paar südlichen Hickson - Galaxiengruppen. Die Luft ist relativ ruhig und so erhoffe ich mir einige positive Resultate.

Weiter im Programm mit einem erwarteten schwachen großen Planetarischen Nebel...

Nach der PN Beobachtung setze ich mich für ein Weilchen in meinen Relaxstuhl, ein Ausrüstungsgegenstand, der für mich unentbehrlich geworden ist und fast historischen Wert hat, war dieser schon auf dem Gornergrat-Ausflug im Jahr 2000 dabei. Die Nacht ist sehr ruhig. Es ist kein einziges, durch Zivilisation hervorgerufenes Geräusch wahrzunehmen. In der unendlichen Stille hört man nur die weit entfernten Wasserfälle, die den Silvrettastausee speisen. Über uns der beeindruckende Himmel. Eine Situation, die wir alle genießen und tief verinnerlichen. Nach einigen Minuten Ruhe gehe ich zu Bernhard an seinem nachgeführtem 18" Obsession und bitte ihn...

Wieder eine kleine Pause. Die vorige Nacht macht sich bemerkbar. Etwas Müde ruhe ich mich aus und laufe eine Runde über den Platz. Immer wieder innehaltend und erstaunt über die absolute Stille in den Bergen, eine Stimmung, die ich nicht missen wollte. Nachdem ich mich ein wenig erholt habe, steuere ich zum Teleskop, das nächste Objekt längst im Kopf.

Die Dämmerung ist nicht mehr weit. Hell breitet sich das Zodiakallicht im Westen aus. Durch Zufall bemerke ich, dass Bernhard am 18" die Zwerggalaxie IC 1613 einstellt. Eine Galaxie, die zu unserer Lokalen Gruppe gehört und sozusagen ein kleiner Bruder/Schwerster unserer Milchstraße ist. Bekannt durch eigene Beobachtungen am 20x125, 10" und 16" reizt die Beobachtung mit 4"...ich versuche es.

Die Nacht geht zu Ende. Friedl hat nach 3 Minuten leisem Geklappere komplett abgebaut und ist startbereit. Bernhard und ich lassen uns noch Zeit und genießen die Dämmerungsphase. Die Bergspitzen werden immer deutlicher, bevor bei mehr Licht langsam Farbe in die Natur kommt. Durch Zufall bemerken wir den Siriusaufgang über den Bergen. Sehr beeindruckt sind wir, dass die Bewegung des Sterns nahe an der Bergspitze einige Minuten direkt verfolgt werden kann, bevor sich der Bezugspunkt zu weit entfernt und Sirius still zu stehen scheint.

 

Die dritte Nacht

Wir beschließen uns gemeinsam früher am Platz zu treffen. Wieder ist es wolkenlos und trocken. Ohne jeglichen Wind betragen die Temperaturen angenehme +10°C. Die in den letzten Nächten stetig gestiegenen Temperaturen fallen im Verlauf der Nacht auch kaum weiter. Alles in allem ideale Vorraussetzungen für eine weitere perfekte Nacht. Nach anfänglichen Spaß mit ein paar obligatorischen Gruppenfotos wird auch astronomisch fotografiert...


Gruppe vor der Beobachtungsnacht, von links nach rechts: Friedl mit 16", Gerhard am 4", ich am 16" und Bernhard am 18", im linken Hintergrund das Bergmassiv des Piz Buin

...Jupiter umrahmt von beiden 16" Selbstbaudobsons und der herrlichen Bergkulisse der Silvretta-Gruppe.


Jupiter am Abend

Das Seeing ist Anfang der Nacht nur mäßig. Gerade in tiefen Südpositionen ermöglicht es keine hohen Vergrößerungen. Genau richtig also, um ein großes, möglichst strukturloses Objekt zu beobachten, einen Planetarischen Nebel.

Friedl macht sich bemerkbar. Das Seeing ist scheinbar deutlich besser geworden. Er beobachtet einige helle PN Schmuckstücke wie NGC 7026 und 7027 im nördlichen Schwan bei knapp 600x. Auch den Zentralstern von M 57 kann er einfach halten. Nach einigen Minuten an Friedl's 16" wollen wir die Bedingungen am nachgeführtem 18" Obsession ausnutzen. Objekte der Begierde sollen zwei bekannte Protoplanetarische Nebel sein, die sich zwar durch ihre Helligkeit aber auch durch ihre kleine Größe auszeichnen.

 

Noch etwas geplättet von dieser Beobachtung fallen mir am Westhorizont "Löcher" auf...Wolken. Wir sind alle von den Socken. Die Wolken sind wie oft von Namibianischen Verhältnissen erzählt komplett schwarz und stellen gerade innerhalb der natürlichen Horizontaufhellung und der hellen Milchstraße direkt schwarze Flecken dar. Zum Glück bleibt es bei wenigen Exemplaren. Später werden auch Wolken am Osthorizont innerhalb des einsetzenden Zodiakallichtes sichtbar. Ein Zeichen der hervorragenden Himmelsqualität des Standortes. Ohne Wolken erreichen wir in den beiden letzten Nächte vor der Dämmerung mit minimaler Milchstraße im Messkegel gemittelte Werte von wiederholten 21,72 mag/arcsec².


Schwarze Wolken am Westhorizont, zu sehen ist der untergehende Adler mit Atair, rechts darüber der Kleiderbügelhaufen, linker oberer Rand Sternbild Delfin


Schwarze Wolken am Osthorizont, die Aufhellung ist das helle Zodiakallicht, über den Berg gehen die Sterne Castor und Pollux auf, oberer Rand Sternbild Fuhrman

Ich gönne mir in aller Ruhe zwar schon oft gesehene, aber immer wieder beeindruckende bekannte Vorzeigeobjekte.

 

 

Wieder zurück zu einigen noch ausstehenden Programmpunkten. Kurz vor Morgendämmerung steht das Sternbild Fische bereits hoch genug.

Auch der Walfisch steht schon hoch genug. Ich nutze die Chance und begebe mich wieder zum 4" Apo um eine der einfachsten Hickson Galaxiengruppen zu beobachten.

Nun geht auch die letzte der 3 Nächte zu Ende. Die Dämmerung hat bereits angefangen. Ein wenig Zeit bleibt aber noch um die Nacht gebührend abzuschließen. Mit dem heimlichen "Star" der Teleskopriege, dem 4" Apo stellen wir den Orionnebel ein. Zur Erinnerung, wir haben August. Auch Abell 12 zeigt sich im 4" bei 154x und [OIII] als dankbares Objekt. Nach den Plejaden und den immer wieder beeindruckenden Reflexionsnebeln decken wir alle Teleskopöffnungen ab.

Auch jetzt setzen wir uns wieder und genießen die Stimmung. Ein Tropfen guter Wein versüßt uns den Abschied aus den Bergen mit seinen fantastischen Sternhimmel. Wir haben die Zeit genossen und verabschieden uns vorerst...doch, wir kommen wieder, dass ist sicher.