3 Nächte Deep-Sky in den Hochalpen
- Beobachtungen auf der Bieler Höhe (Silvretta) -
Abenddämmerung auf der Bieler Höhe,
Blick in Richtung Westen
Nach eher durchwachsenem
Frühjahr und Sommer boten sich am Neumond Ende August 2008 erstmalig im Jahr die
Möglichkeit die perfekten Bedingungen eines hochalpinen Beobachtungsstandortes
auszukosten.
Zunächst gewohnte Plätze an der
Großglockner-Hochalpenstraße als Beobachtungsort im Auge, schwenkte ich nach
Studium der Wetterkarten und Telefonaten mit Bernhard um und fasste mal wieder
die Silvretta ins Auge, die ich bereits seit 2005 regelmäßig zu astronomischen
Beobachtungen aufsuchte. Neben Bernhard war zunächst auch Gerhard aus Stuttgart
von der Partie. Trotz mäßiger Vorhersagen für die Nacht vom Donnerstag auf
Freitag trafen wir uns am späten Nachmittag auf dem Platz...die Entscheidung
sollte sich als richtig herausstellen.
Die erste Nacht
Am Großparkplatz westlich des Silvretta-Hauses aufgebaut, hielten sich noch Reste tiefer Wolkenfelder einer sich im Norden befindlichen Wetterstörung. Diese sanken langsam aber stetig und brachten bis Mitternacht einiges an Feuchtigkeit mit, untypisch für diese Lage über 2000m Höhe. Dieses mäßigen Bedingungen brachten zwar an den freien Stellen gute Durchsicht, ließen Teleskope und Ausrüstung aber mächtig schwitzen. Davon etwas gebremst fingen wir mit den ersten Objekten an...
Palomar 14 beobachtete ich vor ziemlich genau 3 Jahren von gleichem Platz aus...Zeit dies zu wiederholen. Überraschenderweise ist der GC, der zu den schwersten des Kataloges gehört relativ problemlos als fade Fläche zu sehen.
Bernhard stellt im 18" die vom Ringnebel nur etwa 4' nordwestlich befindliche Galaxie IC 1296 ein. Beide sehen wir die Galaxie als flächige Aufhellung, die indirekt zu halten ist. Trotz beachtlicher 15,1 bmag Gesamthelligkeit immer wieder eine Herausforderung.
Die Feuchtigkeit macht der Durchsicht zu schaffen, Seeing ist auch nicht ideal. Ich entscheide mich mit Hilfe vom mittlerweile nicht mehr erhältlichen PN-Buch, dem "Hynes" ein paar PN aufzusuchen.
Den PN Kohoutek 3-3 finde ich nicht, weil ich wie so oft mit der Aufsuchkarte vom Hynes nicht klar komme. In der Nacharbeitung stellt sich heraus, dass ich zwar bei der richtigen Position war, den PN aber trotzdem nicht sehen konnte.
Kohoutek 3-4 lässt sich
dagegen auffinden. Ohne Filter ist eine schwache, runde Aufhellung mit gut
definierten Kanten zu sehen, [OIII] bringt nicht viel.
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Zu meiner Verärgerung passt auch von den PN Cannon 3-1 die Aufsuchkarte nicht und ich verwechsele die PN Kohoutek 2-10 und Henize 2-428.
Zur Ehrenrettung des
Buches und nach Besinnung finde ich letztendlich noch den PN
Peimbert-Batiz 9, ein kleiner PN im schönen Sternumfeld.
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Die etwas "verwurmte" erste Nachthälfte ist vorbei. Die Wolken sind abgesunken, die Luft wird deutlich trockener und der Himmel zusehends transparenter. Der Gegenschein ist problemlos zu sehen. Die gemittelten SQM Werte zeigen nun 21,69, trotz Milchstraße. Ich nutze die jetzt sehr guten Bedingungen um ein wenig mit 4" Öffnung zu schauen.
Zunächst versuche ich meinen Lieblingshaufen IC 1311 und erwarte ganz klar eine negative Beobachtung. Doch ich werde eines besseren belehrt. Ab 54x ist der Sternhaufen als zarte Aufhellung in Mitten einer kreisförmig um den OC angeordneten Sternkette zu sehen. Bei 77x wirkt der Haufen dann tatsächlich körnig. Wir können es kaum glauben.
Auch IC 10 überrascht uns. Nachdem mein erster Versuch mit 4" vor kurzen negativ verlief, ist die Zwerggalaxie relativ problemlos zu sehen. Der Himmel machts...sogar die leichte Elongation ist zu sehen.
Doch nun zurück zu 16" Öffnung und mir bis dato unbekannten aber nicht weniger schönen Objekten.
NGC 151, der auf
Grund eines Katalogisierungsfehlers des alten NGC's auch die Doppelbezeichnung NGC 153 trägt
wird zur absoluten Überraschung. Die 3:1 elongierte Galaxie zeigt ganz klar
Spiralstruktur. Besonderheit ist die im auffälligen Nordostarm eingebettet
Galaxie, die den klingenden Namen
2MASX J00340814-0941481 trägt und nahe am 13mag Stern
GSC 5269612 steht. Diese ist als leichte Aufhellung
innerhalb des Arms zu sehen. Ob es sich bei der Galaxie um einen direkten
Begleiter oder eine Hintergrundgalaxie handelt ist meines Wissens noch nicht
untersucht worden.
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Weiter mit dem engen Paar NGC 191 und IC 1563 (Arp 127), welche zusammen mit einem mittig stehenden 15mag Stern ein nettes Trio abgeben.
Die Galaxiengruppe Hickson 9 stellt sich als echte Herausforderung heraus. Die niedrige Deklination von -24° fordert ihren Tribut. Zwar sind 3 Mitglieder sicher und 1 Mitglied unsicher auszumachen, erfordert die Gruppe, betrachtet man ihre Helligkeit, sehr viel mehr Mühe als bei höheren Deklinationen.
Einfacher ist da die Galaxie NGC 578, die Ansätze von Struktur zeigt. Allerdings ist das Seeing kombiniert mit dem niedrigen Stand zu schlecht um die beiden anvisierten Hintergrundgalaxien sichtbar zu machen.
Die neben NGC 253 oft übersehene NGC 247 zeigt bei der Horizontdurchsicht bereits bei flüchtiger Beobachtung einige Details, die ich mir nächste Nacht genauer vornehme. Mit 18" sind von der sehr interessanten, 1963 von Burbidge entdeckten Galaxienkette 18' NO von NGC 247 ohne Aufsuchkarte bereits 3 Einzelmitglieder zu sehen. Mehr Mitglieder sind jedoch in der nächsten Nacht mit 16" auch nicht drin.
Das Zodiakallicht ist bereits seit etwa 2 Stunden als helle Aufhellung im Osten zu sehen. Gerhard vermutet erst Lichtverschmutzung, sieht den Irrtum aber nächste Nacht bei fehlendem Licht ein. Die Dämmerung fängt etwa 4.50 Uhr an. Man kann sie fast auf Minute mit dem SQM Messen, lange bevor man sie visuell erfassen kann. Mit der Sculptorgalaxie NGC 253, dem nahen GC NGC 288 und dem wunderschönen PN NGC 246 stellen wir noch ein paar "Rausschmeißer" ein.
Morgendämmerung, Bernhard am 18"
Obsession
Nun wird es zusehends heller, wir lassen die Dämmerung auf uns wirken und bauen schließlich in der hellen Dämmerung ab, begleitet von der aufgehenden schmalen Mondsichel.
Dämmerung mit schmaler Mondsichel am
Morgen des 29.08.2008
Die zweite Nacht
Im Laufe des Tages stößt Friedl zu uns, der seinen an Perfektion kaum zu übertreffenden 16" Selbstbaudobson mitbringt. Nach einem fast wolkenlosen Tag beginnt die Nacht trocken und transparent. Die Dämmerungsfarben, sowie der wunderschön anzuschauene Erdschatten begeistern uns. Lediglich ein tückernder Generator eines nahen Wohnmobils nervt und passt so gar nicht in die sonst absolut stille Bergwelt. Die Farben werden zusehends blasser, der Kontrast zu den schroffen Kanten der Gebirge härter...die Nacht kann beginnen.
Friedl's 16" am Auskühlen, die Nacht
wartet
Zunächst stelle ich
IC 2574, besser bekannt unter dem Namen "Coddington's Nebel" ein,
der eine Zwerggalaxie der M 81 - Gruppe ist. Die 1898 vom amerikanischen
Astromen Edwin Foster Coddington mit einem 6" Refraktor fotografisch
entdeckte Galaxie weist sehr massereiche Sternassoziationen auf. Diese sind
im 16" visuell sehr auffällig. Höhere Vergrößerungen zeigen innerhalb dieser
Region einzelne stellare Aufhellungen, die aber schwer aufzulösen sind.
Ansonsten wirkt IC 2574 groß und flächenschwach.
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Weiter geht es mit ein paar südlichen Hickson - Galaxiengruppen. Die Luft ist relativ ruhig und so erhoffe ich mir einige positive Resultate.
Hickson 86, ein Quartett in Form eines "T" erweist sich ähnlich wie Hickson 9 als schwierig, kein Wunder bei -35° Deklination. Gruppenmitglieder a und b können problemlos als flächige Aufhellungen gesehen werden, c und d dagegen sind deutlich schwieriger, aber sichtbar.
Hickson 87, auf dem POSS ein äußerst interessantes Quartett entzieht sich erst meinen Versuchen sie aufzufinden. Irgendwann wage ich den Schritt gleich mit hoher Vergrößerung in das besagte Feld zu gehen. Die Gruppe stellt sich als äußerst kompakt heraus und heller erwartete Hauptmitglied a als sehr flächenschwach. Nur mit Mühe lassen sich 3 der 4 Galaxien erkennen.
Weiter im Programm mit einem erwarteten schwachen großen Planetarischen Nebel...
Weinberger-Sabbadin 5,
der auf den blaue POSS Platten nur äußerst schwach zu erkennen ist, lässt
sich unerwartet sofort ausmachen und problemlos indirekt beobachten und
dessen Position festnageln. Mit [OIII]-Filter ist eine ca. 3' große Scheibe mit gut
definiertem Nord - und Nordwestrand zu sehen.
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Nach der PN Beobachtung setze ich mich für ein Weilchen in meinen Relaxstuhl, ein Ausrüstungsgegenstand, der für mich unentbehrlich geworden ist und fast historischen Wert hat, war dieser schon auf dem Gornergrat-Ausflug im Jahr 2000 dabei. Die Nacht ist sehr ruhig. Es ist kein einziges, durch Zivilisation hervorgerufenes Geräusch wahrzunehmen. In der unendlichen Stille hört man nur die weit entfernten Wasserfälle, die den Silvrettastausee speisen. Über uns der beeindruckende Himmel. Eine Situation, die wir alle genießen und tief verinnerlichen. Nach einigen Minuten Ruhe gehe ich zu Bernhard an seinem nachgeführtem 18" Obsession und bitte ihn...
Cambells Hydrogen Star einzustellen, ein Objekt, welches zwar als Planetarischer Nebel eingestuft ist, im engeren Sinn aber keiner ist. Letztendlich befindet sich der 10mag helle Wolf-Rayet Stern BD+303639 vereinfacht gesagt kurz vor seinem Ende, hat aber schon eine sehr kleine Hülle ausgeworfen. Der Stern selbst ist bei großer AP orange. Trotz hoher Vergrößerung von 810x, Nachführung und gutem Seeing ist zwar ein schwache Hülle zu erahnen, von den oft berichteten Schalen ist für uns beide aber visuell nichts zu sehen.
Wieder am 16" stelle ich NGC 6632 ein. leider steht die Galaxie schon zu tief, von der erhofften Spiralstruktur ist an der relativ lichtschwachen Galaxie nichts zu sehen.
Das Paar NGC 7752/7753 überrascht aber wieder ein wenig. Neben dem elongierten und hellen Begleiter NGC 7752 zeigt die Hauptgalaxie NGC 7752 Ansätze von Spiralstruktur.
Mit NGC 169 und IC 1559, die auch unter Arp 282 läuft stelle ich ein weiteres interessantes Paar ein. Zwar kleiner und schwächer als vermutet sitzt IC 1559 mit 90° verkippter Elongation direkt auf der etwa 3x größeren NGC 169.
Wieder eine kleine Pause. Die vorige Nacht macht sich bemerkbar. Etwas Müde ruhe ich mich aus und laufe eine Runde über den Platz. Immer wieder innehaltend und erstaunt über die absolute Stille in den Bergen, eine Stimmung, die ich nicht missen wollte. Nachdem ich mich ein wenig erholt habe, steuere ich zum Teleskop, das nächste Objekt längst im Kopf.
NGC 247 zählt
physikalisch als eine Zwerggalaxie im Verbund der unserer Lokalen Gruppe
benachbarten Skulptor Gruppe. Am Himmel ist sie lediglich 4,5° nördlich von
der bekannteren Sculptorgalaxie NGC 253 entfernt. Visuell geht diese flächenschwache, aber große
Galaxie meist im Dunst des typischen deutschen Südhorizontes unter. Nicht so in den
österreichischen Bergen. Es zeigt sich eine zwar immer noch flächenschwache
Galaxie, die aber einiges an Detail aufweist. So fällt zunächst der
verdrehte Kern auf, von dem sich in nördliche Richtung ein Spiralarm windet.
Nach Süden hin scheint sich die Galaxie zu trennen. Insgesamt sind 4 hellere
Regionen zu beobachten, die nach Farbaufnahmen zu urteilen eher junge Sternhaufen als klassische HII Regionen sind.
Nur 18' nordöstlich des Galaxienkerns befindet sich eine Galaxienkette, die
nach dem Entdecker Burbidge (1963) benannt wurde. Hier sind visuell 3
von 5 möglichen Galaxien sichtbar. Interessant ist die Tatsache, dass nach
aktuellem Wissensstand die Gruppe etwa 30x weiter entfernt ist, als NGC
247 selbst.
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Mit NGC 660
stelle ich eine auf Bildern scheinbare Spiralgalaxie im
Sternbild Fische ein. Physikalisch gesehen handelt es sich aber um eine
seltene Polarringgalaxie, deren Aussehen das Ergebnis einer Kollision zweier
Einzelgalaxien war. Die "Spiralarme" entpuppen sich also als Materieauswürfe
der Kollision. Visuell stellt die Galaxie ein Schmuckstück dar, die zu
unrecht oft übersehen wird. Geprägt von einem hellen, länglichen
Zentralgebiet schließen sich nach beiden Armen die gut zu verfolgenden
Gasauswürfe an. Ein NW befindliches Staubband rundet den besonderen Eindruck
ab.
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Die Dämmerung ist nicht mehr weit. Hell breitet sich das Zodiakallicht im Westen aus. Durch Zufall bemerke ich, dass Bernhard am 18" die Zwerggalaxie IC 1613 einstellt. Eine Galaxie, die zu unserer Lokalen Gruppe gehört und sozusagen ein kleiner Bruder/Schwerster unserer Milchstraße ist. Bekannt durch eigene Beobachtungen am 20x125, 10" und 16" reizt die Beobachtung mit 4"...ich versuche es.
IC 1316 ist nach anfänglichen Schwierigkeiten mit dem ungewohnten Bild im Zenitspiegel relativ schnell aufgefunden und zu meiner Überraschung einfach zu sehen. Es zeigt sich bei großer AP ein großer, runder Schimmer ohne jegliche Struktur. Zwar schwach, aber indirekt sicher zu halten. Ein mögliches Ziel für dieses Optiken also, wenn der Himmel stimmt.
Die Nacht geht zu Ende. Friedl hat nach 3 Minuten leisem Geklappere komplett abgebaut und ist startbereit. Bernhard und ich lassen uns noch Zeit und genießen die Dämmerungsphase. Die Bergspitzen werden immer deutlicher, bevor bei mehr Licht langsam Farbe in die Natur kommt. Durch Zufall bemerken wir den Siriusaufgang über den Bergen. Sehr beeindruckt sind wir, dass die Bewegung des Sterns nahe an der Bergspitze einige Minuten direkt verfolgt werden kann, bevor sich der Bezugspunkt zu weit entfernt und Sirius still zu stehen scheint.
Die dritte Nacht
Wir beschließen uns gemeinsam früher am Platz zu treffen. Wieder ist es wolkenlos und trocken. Ohne jeglichen Wind betragen die Temperaturen angenehme +10°C. Die in den letzten Nächten stetig gestiegenen Temperaturen fallen im Verlauf der Nacht auch kaum weiter. Alles in allem ideale Vorraussetzungen für eine weitere perfekte Nacht. Nach anfänglichen Spaß mit ein paar obligatorischen Gruppenfotos wird auch astronomisch fotografiert...
Gruppe vor der Beobachtungsnacht, von
links nach rechts: Friedl mit 16", Gerhard am 4", ich am 16" und Bernhard am
18", im linken Hintergrund das Bergmassiv des Piz Buin
...Jupiter umrahmt von beiden 16" Selbstbaudobsons und der herrlichen Bergkulisse der Silvretta-Gruppe.
Jupiter am Abend
Beim ersten Objekt kommt
gleich Spannung auf, doch die auf die unscheinbaren Bezeichnung PGC 35129
hörende Galaxie wird auch durch ihre Arp 151 Bezeichnung nicht viel
interessanter. Doch die Physik vom Objekt lässt aufhorchen. Hier handelt es
sich nämlich um eine Seyfert 1 Galaxie, die durch ihren aktiven
Galaxienkern, vermutlich angetrieben von einem schwarzen Loch, einen Jet
auswirft. Visuell ist grobe Position schnell gefunden, befindet sie sich doch
beim 8,5mag hellen Stern HD 99222. Erst vom Größenverhältnis und einem sehr
nahen Begleitstern von HD 99222 getäuscht,
befindet sich an exakter Position eine recht auffällige, schmale Linie...der
Jet! Am südöstlichen Ende befindet sich eine stellare Aufhellung, welche den Seyfert Kern der Galaxie darstellt. Ab und an glaube ich wenige
Bogensekunden nordwestlich einen Knoten innerhalb des Jets wahrzunehmen, bin
mir mit meiner Sichtung aber nicht ganz sicher. Friedl sieht entlang des
Jets zwar keinen Knoten, aber eine flächige Aufhellung von Seyfert Kern in
Richtung NW. Insgesamt eine hochinteressante Galaxie, bei der ein Jetauswurf
im bereich des visuell möglichen ist.
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Das Seeing ist Anfang der Nacht nur mäßig. Gerade in tiefen Südpositionen ermöglicht es keine hohen Vergrößerungen. Genau richtig also, um ein großes, möglichst strukturloses Objekt zu beobachten, einen Planetarischen Nebel.
HDW 9, oder besser bekannt als Sharpless 2-68 wurde erst 1983 von den drei Österreichern Hartl, Dengel und Weinberger (daher die Abkürzung HDW) als Objekt Nummer 9 von 13 auf Fotoplatten identifiziert. Etwas überrascht und verwirrt von einer schwachen Aufhellung, die bereits ohne Filter zu sehen ist, tritt der PN mit [OIII] unerwartet hell und deutlich zum Vorschein. Zwar immer noch schwach, zeigt sich eine indirekt einfach zu haltende 1-3 bis 2:3 grob Nord-Süd elongierte, ovale Fläche. Struktur zeigt sich zwar keine, die erfolgreiche Beobachtung des eigentlich deutlich schwächer erwarteten PN ist aber Erfolg genug.
Friedl macht sich bemerkbar. Das Seeing ist scheinbar deutlich besser geworden. Er beobachtet einige helle PN Schmuckstücke wie NGC 7026 und 7027 im nördlichen Schwan bei knapp 600x. Auch den Zentralstern von M 57 kann er einfach halten. Nach einigen Minuten an Friedl's 16" wollen wir die Bedingungen am nachgeführtem 18" Obsession ausnutzen. Objekte der Begierde sollen zwei bekannte Protoplanetarische Nebel sein, die sich zwar durch ihre Helligkeit aber auch durch ihre kleine Größe auszeichnen.
Der Egg-Nebel,
der auch nach dessen verdecktem Zentralstern CRL 2688 benannt ist,
soll erstes Objekt sein. Nach dem Auffinden vergrößern wir auf 810x.
Neugierig vor allen Dingen nach den von Hubble, aber mittlerweile auch schon
mit Amateurmitteln nachgewiesenen Gasauswürfen fallen zunächst die beiden
unterschiedlich großen bipolaren Knoten des Objektes auf, physikalisch
gesehen die beiden hellsten Knoten der ausgestoßenen und vom verdeckten
Zentralstern beleuchteten Stellen. Doch recht schnell fallen uns
Fortsetzungen aus den beiden Knoten auf. Zwar nicht sonderlich auffällig,
aber von uns sicher gesehen, wirken sie sehr ähnlich zu meiner ersten
Beobachtung dieser Gebilde (siehe Zeichnung). Unsicher ob wir mit den
gesehenen
Aufhellungen die linearen oder die ringförmigen Strukturen
gesehen haben, sind wir begeistert von der Beobachtung.
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Minkowskis Fußabdruck, oder kurz M 1-92 zeigt sich dagegen als zwei unterschiedlich große und helle Knoten. Bei kleiner Vergrößerung mit einem engen Doppelstern durchaus zu verwechseln.
Jupitermonde mit
bloßem Auge...hört sich zunächst als unmöglich an, ist es aber nicht,
wenn man irdische Hilfsmittel zur Verfügung hat. Hilfsmittel ist hier ein
etwa 1,6km entfernter, schroffer Bergrücken, indem der Jupiter hineinläuft.
Im Moment der Bedeckung durch den Bergrücken ist es nach Beobachtung von
Ronald und mir vom letzten Jahr möglich, die Monde visuell bis zu deren
Untergang zu beobachten. Wir versuchen die Beobachtung zu wiederholen. Zum
Zeitpunkt des Untergangs stehen der 5,8mag helle Kallisto etwa 2,5' östlich,
sowie der 4,7mag helle Ganymed ca. 4' östlich des Jupiters.
Visuell ist ab etwa 1 bis 2 Sekunden nach Jupiteruntergang eine stellare
Aufhellung klar und einfach knapp neben der Jupiterposition zu sehen und
wenn man den richtigen, nicht ganz einfach zu findenden Fokus hat, relativ
einfach zu halten. Zu trennen sind die Monde dabei jedoch nicht. Nach etwa
10 Sekunden wird die stellare Aufhellung schlagartig schwächer, nach
weiteren 6 Sekunden verschwindet diese komplett. Zu beobachten ist der
direkte Monduntergang beider Monde als Helligkeitsvariation der stellaren
Aufhellung. Ich muss nicht betonen, dass diese Beobachtung Begeisterung in
uns hervorruft und sicher eines der Höhepunkte der Nächte ist. Immer wieder
wiederholen wir den Untergang, indem wir einige Meter weiter östlich am
Parkplatz gehen, bis der Jupiteruntergang sich wiederholt. Ein bisweilen
emotionales Erlebnis die Jupitermonde beobachten zu dürfen.
Noch etwas geplättet von dieser Beobachtung fallen mir am Westhorizont "Löcher" auf...Wolken. Wir sind alle von den Socken. Die Wolken sind wie oft von Namibianischen Verhältnissen erzählt komplett schwarz und stellen gerade innerhalb der natürlichen Horizontaufhellung und der hellen Milchstraße direkt schwarze Flecken dar. Zum Glück bleibt es bei wenigen Exemplaren. Später werden auch Wolken am Osthorizont innerhalb des einsetzenden Zodiakallichtes sichtbar. Ein Zeichen der hervorragenden Himmelsqualität des Standortes. Ohne Wolken erreichen wir in den beiden letzten Nächte vor der Dämmerung mit minimaler Milchstraße im Messkegel gemittelte Werte von wiederholten 21,72 mag/arcsec².
Schwarze Wolken am Westhorizont, zu
sehen ist der untergehende Adler mit Atair, rechts darüber der
Kleiderbügelhaufen, linker oberer Rand Sternbild Delfin
Schwarze Wolken am Osthorizont,
die Aufhellung ist das helle Zodiakallicht, über den Berg gehen die Sterne Castor
und Pollux auf, oberer Rand Sternbild Fuhrman
Mit den beiden
Reflexionsnebeln IC 59 und IC 63 stelle ich vorerst die
letzten Objekte vom erstellten Beobachtungsprogramm ein. Der regelrecht
helle IC 63 wirkt dabei ohne Filtereinsatz als Dreiecksförmiger Nebel mit
Ansatz von Struktur. Etwas fader aber immer noch hell genug wirkt IC 59.
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Ich gönne mir in aller Ruhe zwar schon oft gesehene, aber immer wieder beeindruckende bekannte Vorzeigeobjekte.
NGC 6894, oder auch Ringnebel im Schwan genannt, zeigt einen leicht gemottelten Ring und einen schwachen Stern im Ring, während
Messier 56 als Kugelsternhaufen im Kontrast dazu voll aufgelöst wirkt, im Gegensatz zum benachbarten Planetarischen Nebel
NGC 6756, der auf die Schnelle seine längliche Form mit Knoten zeigt.
NGC 6888 zeigt sich im weiteren Schwenk als heller, zerfaserter Bogen, ähnlich beeindruckend wie der
Cirrusnebelkomplex, bei dem ausgehende vom Pickerings Dreieck eine schmale Faser komplett zwischen den beiden Hauptkomponenten des Nebelkomplexes läuft.
Ein Schwenk auf die Andromedagalaxie M 33 zeigt mehrere klar unterteilte Dunkelbänder und an den Rändern gebogene Strukturen, die erst das plastische Bild einer Spiralstruktur aufkommen lassen.
Bei Messier 33 sind dagegen dutzende HII Regionen zu sehen, dominiert von NGC 604, bei der bei 600x heute 4 der hellsten Superstarcluster als stellare Aufhellungen auffallen.
Astronomie mit bloßem
Auge
Ich leihe mir einen zweiten Hß und [OIII] Filter. Mit zwei Hß Filtern
vor den Augen lässt sich der Kalifornianebel NGC 1499 problemlos
erkennen, während sich mit 2 [OIII] Filtern der Nordamerikanebel NGC 7000
hell aus den Milchstraßenwolken um Deneb absetzt.
Kalifornianebel NGC
1499
Nach den beiden Objekten mit bloßem Auge kommt mir die Idee mit
der am Platz so unterschiedlich verteilten Ausrüstung den Kalifornianebel zu
beobachten. Noch gut war mir meine Beobachtung des Nebel im Winter 2002 vom
über 3000m hoch gelegenen Schweizer
Gornergrat mit einem 20x125 Fernglas
ohne Nebelfilter in Erinnerung (siehe Zeichnung)
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Auge - vom Nebel wie erwartet nichts zu sehen
Auge + Hß - schwach aber eindeutig ist eine 3:2 elongierte Linie überhalb des 4mag hellen Sterns Menkib zu sehen
10x50 - sehr schwacher Schimmer, eine längliche Form ist aber bereits erkennbar
10x50 + Hß - auffällig hell und 1:2 in die Länge gezogen
4" - schwacher Umriss ohne Detail gut zu sehen
4" + Hß - der Kalifornianebel zeigt sich beeindruckend hell mit zentraler Teilung und Dunkelstrukturen, insgesamt der schönste Gesamteindruck aller Kombinationen
16" - hier lassen sich lediglich die Kanten abfahren, Detail ist nur zu erahnen
16" + Hß - hell mit einiger Struktur, füllt ziemlich genau zwei Gesichtsfelder, insgesamt zeigt diese Kombination das meiste Detail
Wieder zurück zu einigen noch ausstehenden Programmpunkten. Kurz vor Morgendämmerung steht das Sternbild Fische bereits hoch genug.
NGC 474 zeigt nicht wie erhofft die schwachen Ausläufern und Bögen des Halos der Galaxie
Dagegen entpuppt sich nur 5,5' westlich liegende NGC 470 als Geheimtipp. Schon bei flüchtiger Beobachtung wirkt die Galaxie unruhig. Etwas intensiver beobachtet zeigt sich eine schöne Spiralstruktur.
Auch der Walfisch steht schon hoch genug. Ich nutze die Chance und begebe mich wieder zum 4" Apo um eine der einfachsten Hickson Galaxiengruppen zu beobachten.
Hickson 16 mit NGC 833, 835, 838 und 839 ist erstaunlich einfach zu sehen. Nachdem das helle Paar NGC 833/835 schnell gefunden wird und indirekt einfach zu halten ist, zeigen sich die beiden anderen, etwa 1mag schwächeren Mitglieder auch unproblematisch. Der Kontrollblick durch 16" bestätigt die schöne Beobachtung.
Nun geht auch die letzte der 3 Nächte zu Ende. Die Dämmerung hat bereits angefangen. Ein wenig Zeit bleibt aber noch um die Nacht gebührend abzuschließen. Mit dem heimlichen "Star" der Teleskopriege, dem 4" Apo stellen wir den Orionnebel ein. Zur Erinnerung, wir haben August. Auch Abell 12 zeigt sich im 4" bei 154x und [OIII] als dankbares Objekt. Nach den Plejaden und den immer wieder beeindruckenden Reflexionsnebeln decken wir alle Teleskopöffnungen ab.
Auch jetzt setzen wir uns wieder und genießen die Stimmung. Ein Tropfen guter Wein versüßt uns den Abschied aus den Bergen mit seinen fantastischen Sternhimmel. Wir haben die Zeit genossen und verabschieden uns vorerst...doch, wir kommen wieder, dass ist sicher.