Messiermarathon März 2008

8. März, ein bewölkter Tag. Laut Prognosen soll es in der zweiten Nachthälfte aufklaren. Entsprechend gelassen verbringe ich den Tag. Gegen Nachmittag schaue ich aus der Werkstatt und sehe blaue Lücken, die stetig größer werden. Plötzlich kommt mir die Idee des Messiermarathons, über die ich mit Friedl erst vor wenigen Tagen am Beobachtungsort gesprochen hatte. Eilig heim, Essen, Interstellarum mit Ablaufplan rausgesucht und Astrozeug gepackt. Ich stelle überrascht fest, dass aus der Interstellarum Zettel fallen, die ich als Notizzettel vor Jahren erstellt hatte. Auf dem Weg zum Auto nehme ich noch mein 8x30 Fernglas mit, was sich als richtige Entscheidung herausstellen sollte.

Am Beobachtungsplatz auf etwa 1200m Höhe angekommen ist die Dämmerung schon fast abgeschlossen. Auf Grund eingeschränkter Sichten baue ich den 16" so auf, dass ich möglichst tief in den Osten schauen kann. Leider bin ich allein am Beobachtungsplatz. Neben Müdigkeit aus vorigen Beobachtungsnächten nicht gerade die beste Motivation. Ich entschließe mich den Marathon abhängig vom Gelingen der schwierigen Abendhimmelobjekte M 74 und M 77 zu machen...

Nach dem problemloser als gedacht laufenden Start kehrt Ruhe ein. Jetzt kommen die beiden hellen Galaxien in der Andromeda und Dreieck.

Ich meine gut im Zeitplan zu liegen, die nächsten Objekte scheinen noch hoch genug zu stehen um ein Abstecher zu den einzigen, mir noch fehlenden Abell PN zu machen. Abell 23 bei -35° DEC ist trotz Ausnutzen einer Baumlücke nur wenige Minuten sichtbar, zu kurz um ihn zu erspähen. Der etwas höhere Abell 26 ist zwar länger sichtbar, verschwindet aber ohne sich bemerkbar zu machen nach wenigen Minuten in den Bäumen. Vom ebenfalls nur kurz auftauchenden Abell 27 meine ich eine Aufhellung gesehen zu haben. Nun gut...die Konzentration liegt diesen Abend auf einem anderen Objektkatalog.

Mit Erschrecken stelle ich fest, dass mein nächstes Objekt bereits untergegangen ist. M 52 befindet sich hinter dem Wendelsteinmassiv, welches sich genau in Nordrichtung vom Beobachtungsplatz erhebt. Nun muss bis zum Aufgang des Sternhaufens am Morgen gewartet werden.

Nach einigen Objekten am westlichen Himmel baue ich das Fernrohr um und trage es 40 Meter zum eigentlichen Parkplatz. Von hier aus beobachte ich die nächsten Stunden.

Die Bedingungen werden zusehens besser. Nach ausgeschalteten Nachtskipisten zeigt das SQM 21,37. Die Luft wird auch trockener, die Transparenz spürbar besser.

Als ich der Reihenfolge nach die Sternhaufen im Fuhrmann einstellen möchte, bemerke ich aus dem Augenwinkel, dass M 41 kurz vor dem Untergang steht und sich nur noch wenige Grad über den Bäumen befindet. Erst jetzt verstehe ich, dass ich gut eine Stunde im Zeitverzug bin.

Nach dem ersten Abstecher in den Frühjahrshimmel sollen es nun die beiden hellen Galaxien im nördlichen Großen Wagen gehen. Das SQM zeigt bereits 21,47 an, steigt jetzt jedoch nicht mehr so stark an.

Die nächsten Objekte sollen die insgesamt 5 Messiergalaxien im Löwen sein. Erste Station ist das Trio um M 105.

Nach den für das 8x30 schwachen Galaxien geht es wieder Richtung Großer Wagen. Auch bei den Objekten habe ich mit dem Fernglas keinerlei Erfahrungswerte, weiß auch nicht was mich erwartet. Trotzdem hat sich das 8x30 zum heimlichen Hauptgerät des Marathons "gemausert", sodass ich weiterhin mit großer Freude die Objekte versuche.

Ich gönne mir eine kleine Pause. Die Luft ist nach anfänglicher Feuchtigkeit sehr trocken geworden. Man kann gut die im Tal liegende Feuchtigkeit und Dunst erkennen. Der Sternhimmel ist prächtig, mir fällt der nahe der Kulmination stehende Rabe auf. Außerplanmäßig wird dort das nächste Objekt eingestellt.

Langsam ist es Zeit mich an die vielen Galaxien innerhalb der Sternbilder Jungfrau und Haar der Berenike zu wagen. Nun zeigt sich meine Unvorbereitetheit. Problematisch schätze ich das Aufsuchen mit dem 8x30 ein, weswegen ich mir ein System ausdenken muss. Ich bleibe beim System "Karkoschka" hängen. Anhand der Karte E 14 und mit Unterstützung der Vergrößerung aus der Uranometria fahre ich nun Galaxie für Galaxie zunächst mit 8x30, dann mit 16" an. Ich bin sehr gespannt, wie sich das Fernglas schlägt.

Bei den folgenden Galaxien starte ich jeweils bei der Sterngruppe des "Großen T", welches sich etwa 7° östlich von Denebola (ß Leo) befindet.

Nach den sehr anstrengenden, aber auch spannenden Beobachtungen der Galaxien benötigen meine Augen wieder eine Pause. Ich sammele mich wieder. Immer noch tief beeindruckt bin ich über die für mich vollkommen unerwartete Leistung des 8x30 Fernglases. Hatte ich es doch eher als Zeitvertreib mitgenommen, entpuppt es sich als lohnendes Deep Sky Gerät.
Nach einem kleinen Spaziergang kehre ich ans Teleskop zurück und stelle um...

Zeitlich exakt steht eine der schönsten Galaxien des Messierkataloges im Meridian, die ihre Schönheit auf Grund des sehr niedrigen Standes von Deutschland meist verbirgt.

Nach den vielen Galaxien des Frühjahrshimmels hebt sich langsam die Milchstraße. Der Sommer kündigt sich an, zumindest am Sternhimmel. Auf 1200m Höhe liegt trotz Südhang noch Schnee, die Temperaturen sind mit -6°C bei trockener Luft angenehm, von Sommertemperaturen aber noch weit entfernt.
Es ist Zeit der großen Kugelsternhaufen, beginnen tue ich um...

Nach den großen, bekannten Kugelsternhaufen geht es mit bereits aufgegangenen Sommerobjekten weiter. Das SQM zeigt mit 21,55 die höchsten Werte. Ab jetzt steigt die Sommermilchstraße stetig höher und erreicht den Messkegel des Instrumentes. Die Werte verschlechtern sich.

Am frühen Abend hatte ich M 52 verpasst, da sich dieser ohne Voranmeldung hinter dem Wendelsteinmassiv versteckt hat. Jetzt ist endlich Zeit den Offenen Sternhaufen zu beobachten.

Nach dem Abstecher nach Norden geht es bei den südlich gelegenen Objekten Im Skorpion weiter.

Nach den Kugelsternhaufen im Skorpion und südlichen Ophiuchus geht es weiter mit den im nördlichen Ophiuchus verteilten, oft vergessenen Kugelsternhaufen. Leider versuche ich die mit bloßem Auge möglichen Kugelhaufen M 10 und M 12 nicht. Unter Hochalpenhimmel gelang mir aber bereits eine positive Beobachtung von M 10.

Nun ist es bereits nach 4.00 Uhr am Morgen. Müdigkeit ist keine vorhanden, die Abwechslung der vergangenen Stunden war zu spannend, die Konzentration zu hoch. Jedoch fängt nun langsam wieder der Objektstress an zu steigen. Ein Wettlauf mit der Dämmerung beginnt. Fehler dürfen für eine hohe Anzahl der zu erreichenden Messierobjekte nicht mehr gemacht werden.

Die beiden längst fälligen Sternhaufen M 6 und M 7 kommen zu meiner Überraschung immer noch nicht über den Horizont. Ein Bergrücken im Süden nimmt doch mehr Himmel als gedacht weg.
Auch zeitlich fehlen mir noch zu viele Objekte. Ich entscheide mich dafür nur noch mit 16" zu beobachten.

Nach den vielen Objekten im Schützen nehme ich mir doch die Zeit die eben vollzogenen Starhops mit dem Fernglas kurz abzufahren. Starten tue ich beim schönen Fernglasobjekt M 24, welches erst jetzt seine wahre Größe und Form zeigt und fahre über den nebligen M 20 zum M 21. Neu ansetzen tue ich beim hellem M 8 und fahre auf die Schnelle weiter zum auffälligen M 22. M 28 versuche ich nicht, obwohl dieser sicher zu sehen gewesen wäre. Über M 25 und M 26, die beide als Sternhaufen zu erkennen sind fahre ich noch M 18 auslassend vom Schwanennebel M 17 zum Adlernebel M 16. Viele Objekte in leider nur 2 Minuten Zeit.

Das Fernglas in der Hand beobachte ich um...

Trotz mehrerer Versuche kann ich den eigentlich helleren M 7 nicht sehen. Obwohl M 6 etwas Luft über dem Horizont hat fehlt für M 7 maximal 1°-2°. Pech gehabt.

Es hat schon seit einiger Zeit angefangen zu dämmern. Leider fehlen immer noch einige Objekte, die ich bereist beobachtet haben wollte. Ich verschwende sehr viel Zeit um einen vernünftigen Startpunkt für die Suche nach den 3 Kugelsternhaufen M 69, 70 und 54 zu suchen. Die Kugelsternhaufen kratzen lediglich nur etwa 1° über den Horizont. Doch mir fehlt eine gute Karte für einen sicheren Starhop. Stress kommt auf, die Kugelsternhaufen sind auch bei planloser Suche am Horizont in der mittlerweile fortgeschrittenen Dämmerung nicht zu sehen.
Ich gebe auf und schwenke relativ blind in die Gegend um M 2 und habe um...

Ich will aber noch nicht aufgegeben. Innerlich habe ich den Wunsch noch weitere Objekte zu finden. Jetzt ist neben Delta Sgr auch Epsilon Sgr zu sehen. Dazwischen setze ich an und suche im 1° Gesichtsfeld des 16" die beiden etwa 5,5mag hellen Sterne HD 170479 und HD 171034. Ich habe Glück, beide sind trotz arg hellem Hintergrund zu sehen. Vom westlichen Stern schwenke ich ein knappes Grad nördlich und sehe um...

Jetzt möchte ich es wissen. Mit den beiden südlich von M 69 gelegenen Sternen als Startpunkt versuche ich mit der Karkoschka Ausschnittvergrößerung einen Starhop zu M 70. Nach mehrmaligen Schwenken habe ich den etwa 8mag hellen HD 172535 im Gesichtsfeld. Wenige Bogenminuten westlich soll sich M 70 befinden. Zunächst sehe ich nichts, dann um...

Den langen Weg zu M 54 versuche ich nicht mehr, war doch M 70 schon schwer genug. Ich lasse es sein und setze mich. Es ist schon hell geworden, die Berge zeichnen sich gut im Hintergrund der Morgendämmerung ab.
Insgesamt gehen mir 103 Objekte ins Netz, wobei davon 102 mit 16" gesehen werden konnten, 92 sicher mit dem 8x30 (+2 unsichere Kandidaten) und erstaunliche 25 mit bloßem Auge. Am meisten überrascht hat mich die enorme Anzahl im 8x30. Daran hätte ich vorher nicht im Traum gedacht. Als Zusammenfassung habe ich noch eine Excel Tabelle mit allen Objekten und deren Sichtung erstellt.
Zufrieden baue ich das Instrumentarium ab. Die Okulardeckel kann ich im Hellen auf die Okulare stöpseln, was für ein Luxus.

Ich habe es geschafft...ich bin geschafft.