Frühjahrshimmel im Hochgebirge - 2 perfekte Mainächte
"Paranal der Alpen" -
schneebedeckte Edelweißspitze (2571m)
in der Dämmerung, Blick vom Mitteltörl
Seit Jahren wartete ich nun auf klare Frühjahrsnächte im Hochgebirge. Und dieses Jahr wurde der Wunsch Wirklichkeit. Nach Neuschneefällen wenige Tage zuvor, klarte der Himmel unerwartet über dem "Paranal Österreichs" - der Edelweißspitze auf. Die Chance musste genutzt werden und so verabredeten Friedl und ich mich für ein Wochenende auf 2500m Höhe, welches so einiges an Erlebnissen astronomischer Art für uns bereit hielt.
Der Platz in den Hochalpen begeistert jedes Mal aufs Neue. Nach der gigantischen Aussicht am Tage senkt sich die Dämmerung langsam über die Berge. Die Kontraste werden härter. Erstes Objekt der Begierde ist der Erdschatten, der sich von Nord über Ost bis in Südrichtung zieht. Direkt über den Horizont setzt ein tief dunkelblaues Band an. Darüber folgt ein rötlich-violettes Band, welches langsam in den noch hellblauen Himmel übergeht.
Erdschatten - Blickrichtung Süd/Südost
Besonderheit die Tage ist die enge Konjunktion von Venus und Mond. Am 18.05. stehen beide noch etwa 16° zueinander entfernt. Doch der Mond nähert sich zusehends, wie es bereits am nächsten Tage zu sehen ist. Wie auf den Bild zu sehen ist, bewegen sich beide Himmelkörper exakt auf die Spitze des großen Wiesbachhorns zu, ein tolles Spektakel folgt...
Konstellation Jupiter - Venus am 18.05.2007
über dem Großen Wiesbachhorn (3564m)
...Schritt für Schritt findet eine "Mondfinsternis" statt. Besonderheit sind die durch den Mond beleuchteten Schneewinde auf dem Berggipfel. Und schlagartig wird es dunkel, richtig dunkel. Eine der besten Nächte mit unglaublicher Transparenz soll folgen.
Monduntergang über dem Großen Wiesbachhorn
am 18.05.2007
Nach den Highlights des Near
Sky zur Abwechselung "ein wenig" Deepsky.
Die Bedingungen sind wie erwähnt hervorragend. Eine spätere Grenzgrößenschätzung
ergibt eine Grenzgröße von sage und schreibe 7m5 im Zenit, auch für mich Rekord.
Der leichte Wind bei kühlen -3°C lässt jedoch kein gutes Seeing zu. Nach dem
unsere beiden 16" Teleskope genügend ausgekühlt sind kann es losgehen.
Erstes Objekt soll die
spektakuläre Spiralgalaxie NGC 5247 sein. Bei -18° Deklination bleibt
meist wenig von der prächtigen Galaxie über. Ganz anders unter einem solchen
Himmel. Schon im Übersichtsokular zeigen sich die zwei dominierenden
Spiralarme. Der Südarm windet sich heller und länger vom hellen Kern
ausgehend von der Galaxie weg. An dessen Ende befindet sich eine helle HII
Region, die als Aufhellung zu sehen ist. Der nicht ganz so auffällige
Nordarm setzt visuell erst später vom Kern an und wirkt diffuser und
breiter.
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Trotz schlechtem Seeings
wage ich mich an die enge Galaxiengruppe Hickson 67. Bei 360x sind
dann um die auffällige NGC 5306 alle drei weiteren Begleiter zu
sehen. Besonders beeindruckend die etwas abgesetzte Nadel PGC 49017.
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Friedl ist auch bei den Hicksons und beobachtet Nummer 53 des Kataloges. Mit den hellen 3 Mitgliedern NGC 3697A/B/C haben wir keine Probleme. PGC 35381 stellt dagegen mit ihren 17,1 bmag mein persönliches Limit mit 16" Öffnung und dem Himmel dar. Sie ist sicher, aber nur blickweise zu sehen
Frühjahr ist Galaxienzeit. Zwar ist die Milchstraße schon etliche Grad über den Horizont, wird von uns diese Nacht aber kategorisch gemieden. Der Aufgang der Milchstraße ist aber jedes Mal aufs Neue ein Erlebnis unter solch einem Himmel. Völlig unwirklich hebt sich das Band direkt aus dem Horizont hervor...sehr beeindruckend. Doch weiter mit zwei interessanten Galaxien.
Mit NGC 5496
beobachte ich mal wieder eine der extreme Edge-On Galaxien aus meinem
Superthin Projekt.
Anders wie ein Großteil dieser Galaxien läuft diese zu den Enden hin nicht
schmal aus, sondern bleibt ähnlich breit wie auf Kernhöhe. Innerhalb der
Galaxie befinden sich in der Nähe der Enden schwache Sterne, die einen
besonderer Reiz ausüben.
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Die letzte Galaxie der
Nacht soll NGC 4395 werden. Die auf Sternkarten riesig eingezeichnete
Galaxie weist mehrere Besonderheiten auf. Visuell besteht diese eigentlich
nur aus einem dominierenden Balken. Das riesige, nur bei großer AP zu
erahnenden, zum Balken leicht gedrehten Halo, welches aus schwachen
Spiralarmen gebildet wird ist dagegen deutlich schwächer. Viel eher fällt
südöstlich dem Balken folgend ein helleres, flächiges Gebiet auf...die
hellste, zweigeteilte HII Region NGC 4401, bereits 1786 von Herschel
entdeckt, auf. Weiter westlich befinden sich zwei weitere, deutlich
schwächere Regionen, NGC 4400 und NGC 4399, dessen
visuelle Entdeckung von William Parsons um 1850 jedoch auch schon über 150
Jahre her ist. Beim Zeichnen fällt mir bei der Suche nach schwachen
Umgebungssternen noch eine weitere 4,5' NO vom Kern entfernte Region auf.
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Genug Galaxien...wie wäre es mit Astronomie mit dem Auge.
Vesta ist durch die Erdnähe und die daraus resultierende Helligkeit von 5,6mag ein einfaches Objekt für das Auge.
Auf der Suche nach einem schwachen PN fallen mir zwei Kugelsternhaufen in der Karte auf.
NGC 6366 entpuppt sich als genialer Kugelhaufen. Er befindet sich nur 17' östlich eines hellen, 4,5mag hellen Sterns. Visuell zeigt sich ein zwar schwacher, aber 5' großer, kaum konzentrierter Haufen. Die vielen schwachen Sternen blinken beeindruckend aus dem tief dunklen Hintergrund heraus.
IC 1257 bereitet mir dagegen schon größerer Schwierigkeiten. Mit nur 0,5' Größe fällt der schwacher Haufen kaum auf. Auch bei höherer Vergrößerung ist kein Einzelstern aufzulösen.
Das eigentliches Ziel
Abell 42 entpuppt sich wie zu erwarten war als extrem harte Nuss, die
dann aber doch geknackt werden kann. Kein Wunder das ich den PN mit 20"
unter "normalen" Bedingungen nicht sehen konnte. Visuell ist jedoch auch
jetzt nicht mehr als ein hauchzarte Aufhellung zu sehen, die indirekt nicht
ständig gehalten werden kann.
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So neigt sich die Nacht gegen 3.30 Uhr mit einsetzender Dämmerung dem Ende. Schnell verliert die Milchstraße ihren Glanz. Der Blick auf Jupiter fällt kurz auf, dass Seeing ist einfach zu schlecht...vielleicht nächste Nacht?
Die nächste Nacht beginnt mal wieder mit viel Spaß wie man unschwer auf dem Bild erkennen kann. Die vielen Bänke und Stühle sollen jedoch nicht über die von uns ausschließlich hart betriebene DS Beobachtungen hinwegtäuschen. Alle Sitzgelegenheiten wurden nach dem Foto geräumt ;-))
Kleine Autos - Mittlere Teleskope -
Großer Spaß
Die Dämmerung und ihre Farben sind im Hochgebirge einfach nur fantastisch...das Bild sagt mehr als tausend Worte.
Dämmerungsfarben in Richtung Zell am See
(Norden)
Anfangs der zweite Nacht
bauen wir früher auf, wollen wir doch Merkur beobachten. Dieser zeigt
sich bereits relativ schnell mit dem freien Auge. Im Teleskop ist ein kleines
Scheibchen, dessen Phase wir auf etwa 70% schätzen zu sehen. Für die Dämpfung
setzen wir erfolgreich einen [OIII] Filter ein.
Auf dem Bild ist Merkur als schwacher Lichtpunkt leicht unterhalb des höchsten
Bildrückens knapp über dem Horizont zu erkennen...hier sind DS-Augen gefragt
:-))
Merkuruntergang (links unterhalb des
Bergrückens des Wiesbachhorns) und Konstellation Mond - Venus am 19.05.2007
Auch der Mond ist der Venus deutlich näher gekommen und steht zur Dämmerung nur noch 3,5° entfernt. Der Untergang des Mondes findet nun wenige Grad südlicher statt und trifft so nicht mehr exakt auf der Spitze des Wiesbachhorns auf.
Monduntergang am 19.05.2007 mit Venus
Doch nun wieder zu den Deep Sky Objekten. Nach den etwas verspäteten Monduntergang zeigen sich die Bedingungen sehr ähnlich wie in der vorigen Nacht. Ich sehe auf Anhieb einen 7m4 Stern und kann diesen ohne große Probleme indirekt halten. Die Grenzgröße wird sich meinen Schätzungen also wieder um die fst 7m5 belaufen. Am Anfang der Nacht ist das Seeing wieder schlecht, verbessert sich aber später dramatisch. Es geht kein Wind und mit Temperaturen um +3°C ist es spürbar angenehmer als die vorige Nacht.
Starten tue ich mit
NGC 5248, wieder eine sehr beeindruckende Spiralgalaxie. Die beiden
Hauptspiralen sind schon bei niedriger Vergrößerung auffällig. Aus dem 3:1
elongierten Hauptkörper bildet sich die deutliche Westspirale heraus, die
härter abgegrenzt wie deren Pendant auf der Ostseite scheint. Dafür ist die
Ostspirale breiter, Ansätze von Struktur innerhalb des Arms deuten sich an.
Genaueres lässt das Seeing aber leider nicht zu. Einzig eine helle
HII-Region am Südende des Ostarms ist visuell nachzuvollziehen.
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Nun widme ich mich der
Star-Burst Galaxie NGC 4449 - eine der beeindruckensten Galaxien am
ganzen Nordhimmel. Die Details sind enorm...einfach heftig. Mittlerweile
kann ich vom Seeing her 360-fach vergrößern, ein Minimum für mich.
Nach den ersten Eindrücken breche ich um ein Haar die Zeichnung ab, weil es
einfach zu schwer ist dieses Detailreichtum zu fassen und in einer Zeichnung
unterzubringen. Doch nach ein ermunterndes Wort von Friedl (Danke Friedl)
reiße ich mich zusammen und fange an mich intensiv mit der Galaxie zu
beschäftigen. Den beschreibenden Teil lassen ich jetzt weg und verweise auf
die unten stehende Zeichnung...eine brutale Galaxie.
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Nach der Anstrengung kommt mir Friedls begeisterter Ruf nach Photonendusche gerade Recht...er hat den Crescentnebel NGC 6888 eingestellt. Ja, das ist es. So habe ich den noch nicht gesehen. Vollkommen strukturiert und knallhell...wow.
Auf dem Weg zu dem schwachen PN Jacoby 1 schaue ich noch bei NGC 5907 vorbei...der Superdünnen nach NGC 4565 (meiner Meinung noch davor). Einfach nur schön.
Jacoby 1 ist dann trotz diesem Himmels nicht sicher auszumachen, der Randstern ist einfach zu hell für so ein Grenzobjekt.
Friedl ist an Sharpless 91 dran. Ähnlich wie er sehe ich nur die Ostseite beginnend bei dem 8,5mag hellen HD 185735. Die Beobachtung deckt sich nicht ganz mit dem Nebel selbst, der noch weiter in Richtung Westen laufen müsste.
Eines der eigentlichen
Hauptziele der Nacht ist der hochinteressante Kugelsternhaufen AL 3. AL
steht für Andrews + Lindsay. Der Kugelhaufen ist der 154. unserer Galaxie und
damit der Letzte, der verifiziert wurde...Jahrgang 2005. Entdeckt wurde der
Kugelhaufen jedoch eigentlich schon 1967 von den beiden oben genannten
Astronomen, wurde aber bis zu den letzten Messungen für ein Offener Haufen
gehalten. Diese zeigen ihn als sehr massereichen Haufen unweit des galaktischen
Zentrums. Er wird somit als einer der wenigen "Inner Bulge" Haufen gezählt.
Genug Geschichte und Physik. Schon im Übersichtsokular ist an der Stelle ein
schwacher Fleck zu sehen, der bei 257x Ansätze von Auflösung zeigt. Ich kann
innerhalb der runden, leicht zur Mitte hin konzentrierten Aufhellung 7
Einzelsterne erkennen. Mittig steht ein enges, etwas auffälligeres Sternpaar.
Für -28° DEC eine beachtliche Leistung. Erst jetzt merke ich, dass sich das
Seeing stark verbessert haben muss. Fast zu spät...die Dämmerung setzt ein. Noch
schnell ein paar südliche Kugelhaufen.
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Starten tue ich bei M 22 bei gutem Seeing eine Pracht, die den Glanz von M 13 weit in den Schatten stellt. M 22 ist auch leicht mit dem bloßem Auge zu sehen.
M 28 gehört zu meinen Lieblingskugelsternhaufen überhaupt. Für mich die Definition dieser "Gattung". Lehrbuchmäßig zur Mitte hin konzentriert, vollkommen rund und gleichmäßig. Die Helligkeitsverteilung der Sterne auch sehr gleichmäßig und somit bis zur Mitte hin aufzulösen.
1° Nordwestlich von M 22 befindet sich NGC 6642. Dieser ist mit etwa 1' Größe klein, aber hell. Zur Mitte hin leicht konzentriert zeigt der Haufen auch schon einige der wenigen Einzelsterne.
2° Südlich von NGC 6642 befindet sich NGC 6638, der ein ganz anders Bild abgibt. Der Haufen besteht aus einem hellen, konzentrierter Zentralregion und einer schwachen, weit ausgedehnten Region, die körnig wirkt, aber nicht aufgelöst werden kann.
Die Dämmerung hat schon den Himmel merklich aufgehellt. Mit der Nacht eigentlich abgeschlossen stellt Friedl zunächst Jupiter ein...und sagt erst mal gar nichts. Er bleibt im Vergleich zum Vortag (wenige Sekunden) auffällig lang am Okular und überredet mich auch ein Blick auf Jupiter zu werfen. Hammer...die Luft steht. Kurz um, der beste Jupiter den ich je gesehen habe und das bei dem tiefen Stand. Ich vergrößere erst verhalten 360-fach, während sich Friedl mit über 400-fach die Dröhnung gibt. Ich mache es ihm nach. Jupiter wirkt sofort völlig fremd. Das SEB hat sich total aufgelöst und ist nur noch als weißes Band zu sehen. Einzig das wird zerklüftete NEB dominiert die Wolkenstruktur auf Jupiter. In den südlichen Polregionen fallen unweit des SEB zwei weiße Flecke auf, eine heller und ein sehr kleiner, schwacher. Zwischen SEB und NEB befinden sich zwei komplett ausgebildete Bänder mit einigen schwarzen Flecken und Brücken zwischen den Bändern. Die Nordkante des NEB ist vollkommen ungleichmäßig und wird erscheint im groben durch eine wellenartige Oberfläche. Bei dem Seeing könnte ich mich auch an die Planetenbeobachtung gewöhnen :-))
So geht die letzte Nacht der beiden vorbei...genial war es. Vielen Dank an dir Friedl für die tollen Bilder! Und...wir kommen wieder.