Howell-Crisp 1 und weitere Neuigkeiten auf'm Sudelfeld
Nach meinem Umzug in den tiefen Süden der Republik standen meine ersten Nächte am neuen Beobachtungsplatz an. Das Vielen bekannte Sudelfeld, im Winter ein viel frequentiertes Skigebiet liegt direkt südlich des Wendelsteins im schönen Oberbayern.
Oberhalb des Beobachtungsplatzes, im
Hintergrund die schneebedeckten Hohen Tauern
Nachdem der Tag des 15. Novembers schon einen tiefblauen Himmel zeigte, packte ich sofort nach der Arbeit meinen 16" in den roten Flitzer und brach Richtung Sudelfeld auf. In etwa 1300m Höhe angekommen war es etwas windig...Fön, eine neue Erfahrung für mich. Bei etwa +10°C baute ich auf, die schnelle Grenzgrößenbestimmung ließen mich beide 6m7 Sterne im Kleinen Wagen sicher sehen. Das Seeing war dagegen recht schlecht.
"Warm" geschaut wurde an M 27, dem Hantelnebel. Dutzende Sterne blitzten durch den großen PN. Der Gedanke diesen PN einmal zu zeichnen schreckt mich so ab, dass ich vergesse nach dem Halo zu schauen, welches ich schon zwei Mal erfolgreich sehen konnte.
Weiter ging es mit Crisp 1, einem von Richard Crisp neu entdeckten PN, ganz in der Nähe von IC 1396. Trotz seiner relativ starken [OIII]-Strahlung erkenne ich auch nach intensiver Beobachtung nichts.
Anders verhält sich da
Abell 57. Entgegen manch anderen Abell lässt sich dieser bei 225x
und [OIII] indirekt ständig halten. Mittig ist der PN etwas heller, weswegen
er ein wenig nach einem kleinen, schwachen Kugelhaufen aussieht.
Drei Planetarische Nebel reichen mir den Abend, ich hab lange keine Galaxien mehr geschaut, warum nicht mal ein paar der 100 schönsten Arp-Galaxien?
Los geht es mit dem Paar
NGC 191/IC 1563, oder auch Arp 127. Im Übersichtsokular etwas
mau zeigt sich die Galaxien bei 257x als überraschend schönes Trio aus einer
fast runden, elliptischen Galaxie (NGC 191), einem schwachen Stern und einer
Galaxie auf Kantenlage (IC 1563).
Das nächste vermeintlich
Paar aus NGC 545/547 - Arp 308 entpuppt sich als Zentrum
des Galaxienhaufens Abell 194. Unvorbereitet und ohne genaue Karte
(Uranometria leider nicht ausreichend) lässt mich der Haufen nicht mehr los.
Ohne Aufsuchkarten sind solche Galaxienhaufen doch irgendwie am
interessantesten, auch wenn die eine oder andere mögliche Galaxie durch die
Lappen geht. Im direkten Zentrum kann ich neun Galaxien ausmachen.
Interessant außer dem eigentlichen Arppaar ist die kleine Galaxie PGC 5314
(15,6 bmag), die in einem gleichseitigem Dreieck mit zwei 14 mag Sternen
steht...einfach ein wunderschöner kleiner Lichtklecks.
Durch den langen Zwischenstop bei Abell 194 geht es gegen Mitternacht, ich breche ab...der Wecker geht wieder um 5.00 Uhr.
Am nächsten Tag sind wieder sommerliche Temperaturen angesagt, blauer Himmel und gute Fernsicht versprechen Mitte November einiges. Ich breche erneut Richtung schneefreies Sudelfeld auf. Nur wenige Minuten nach mir kommt Friedl (mit einem weiteren roten Flitzer ;-)) aus dem Inntal am Platz an. Wir bauen unter ähnlichen Bedingungen wie in der Vornacht unsere beiden 16" Dobsons auf.
Selbst etwas planlos und unvorbereitet schauen wir uns gemeinsam in Friedl seinem 16" "Mirachs Geist" NGC 404 an. Eine kleine, aber helle (10 vmag) elliptische Galaxie etwa 7' NW von ß-Andromeda. Ich bezeichne das Objekt gern als "gute Laune Objekt", immer wieder schön zu betrachten, in annähernd jedem Teleskop und unter fast allen Bedingungen.
Ein wenig Testerei vom Equipment darf nicht fehlen, wir steuern deswegen bei mir NGC 6802 ein oft übersehenes Objekt an. Dieser sehr reiche offene Sternhaufen befindet sich direkt am östlichen Ende des Kleiderbügelsternhaufens. Der Sternhaufen ist mit bloßem Auge unter diesem Himmel übrigens in Einzelsterne aufzulösen und als winzige, längliche Kette zu sehen. Der Sternhaufen dagegen ist mit einem 16" Teleskop sicher einer der schönsten offenen Haufen in der Sommermilchstraße. Dutzende schwache Sterne blitzen aus dem Haufen. Ach ja...die Testerei von den Okularen hatten wir fast vergessen, das Objekt ist einfach mehr wert, als bloß einem schnöden Okulartest standzuhalten.
Nachdem Friedl einen Quasar aufs Korn genommen hatte, versucht er sich auch an Abell 194, der es mir die vorige Nacht so angetan hat. Wir beide sind fasziniert von dem Haufen. Friedl bewegt sich jedoch noch weiter im Haufen als ich und findet immer wieder neue interessante Galaxienansammlungen.
Ich entscheide mich für
eine weitere Arp-Gruppe, Arp 318 oder besser Hickson 16. Das
man vor den Namen keine Angst haben braucht zeigen die Helligkeiten. NGC
833, 835, 838 und 839 bewegen sich zwischen 12,2 und 13,1 vmag.
Die Galaxien selbst bewegen sich in einem Viertelkreis um einen 9,6 mag
Stern...eine wunderschöne Gruppe, sicher auch in kleineren Teleskopen.
Als Schlusslicht kommt
für mich noch das Highlight des Abends...die Erstsichtung des Planetarischen
Nebels Howell Crisp 1. Kurz zur aufregenden Geschichte des neuen
PN's.
- Am 04.11.2006 entdecken Michael Howell und Richard Crisp auf
Aufnahmen einen 0.9' x 0.7' großen Planetarischen Nebel (RA 06 21 41.0;
DEC +23 35 13), der auf den POSS Platten ungewöhnlich hell für einen noch
nicht katalogisierten PN erscheint. Beide gehören zu der Gruppe der Deep Sky
Hunters, Amateure, die gezielt nach neuen Objekten suchen.
- Am 07.11.2006 meldet sich Matthias Kronberger (auch Mitglied der DSH) und
schreibt mir die Daten des PN's.
- In der aktuellen Nach, dem 16.11.2006 statte ich dem PN einen ersten
visuellen Besuch ab.
Der PN zeigt sich bei 225x und 129x als deutlich flächige Nebelscheibe von
etwa 1' Durchmesser. Mit [OIII] kann ich den PN jeweils für wenige Sekunden
halten. Der PN scheint gut abgegrenzt, weist aber sonst keine weiteren
Auffälligkeiten auf. Von der Helligkeit durchaus mit einem "mittleren Abell"
vergleichbar. Auch Friedl sieht den schwachen Hauch des PN's.
Nachdem wir wieder die Mitternacht hinter uns gelassen haben packen wir ein und schauen noch mal über den Platz. Nach glückloser Suche nach einem evtl. liegengelassenen 31mm Nagler verlassen wir angesichts der tollen Nacht zufrieden den Platz.