Kalte Frühjahsnacht mit dem kleinen 4" Newton
Eine dieser unerwarteten, jedoch fantastischen
Nächte. Am Alpenrand hält sich trotz aussichtslosen Wetterprognosen bis zum Sonnenuntergang blauer Himmel. Ich entscheide kurzfristig rauszufahren, rechne aber mit wenig Chancen
auf eine längere Nacht. Dementsprechend meine Kleidung. Da
ich mal wieder Lust auf kleine Öffnung habe packe ich meinen 4" Newton ein und
fahre Richtung Sudelfeld. Angekommen stellt sich für den immer noch tief
verschneiten Platz eine ungewohnte Ruhe ein. Weder flutlichtbegleitende
Beschneiung, noch aktive Pistenraupen zeigen sich am Südhang. Der eisige
Fallwind vom Wendelstein erinnert eher an Januar als an Mitte März.
Das jedoch März ist bemerke ich sofort am Himmel. Orion ist am Untergehen, mein
eigentlich einziges Ziel - der Rosettennebel neigt sich schon arg Richtung
Horizont. Zeit endlich mal wieder Sternlicht einzufangen.
Zunächst einmal der wohl letzte Blick auf den Orionnebel. Mein besonderer Interesse gilt dem neulich im Forum diskutierten Trapez, bzw. dessen Auflösung bei gegebener Vergrößerung. Bei 26x sind die drei hellsten Komponenten sofort auszumachen. Etwas schwieriger auf Grund seiner Helligkeit, aber dennoch im direkten Sehen problemlos zeigt sich Komponente B. Bei 18x verschwindet B, D und A befinden sich nur knapp getrennt neben der hellsten Komponente C.
Wie prognostiziert bewegen sich leichte Zirren am Himmel. Ich sitze exakt unter der Grenze zwischen Wolken und klarem Himmel. Das SQM ziert sich mit 20,95. Zum Glück befindet sich das nächste Objekt im wolkenlosen Bereich...
...der Rosettennebel. Um den den
parallelogrammförmig angeordneten Sternhaufen NGC 2244 leuchtet der
Emissionsnebel, dessen Teile insgesamt 4 NGC Eintragungen aufweisen (NGC
2237/2238/2239/2246). Der Nebel ist ein Paradeobjekt für die Diskrepanz
zwischen visuellen Eindruck und den allseits bekannten Fotografien. Bei
hoher AP und Einsatz von [OIII] Filter zeigt sich zunächst nur die
Abschnitte NGC 2237 und 2238 im nördlichen und westlichen Bereich. Zwar ist
der Nebel rund um den Sternhaufen zu erkennen, ist aber deutlich schwächer
als die beiden hellen Teile. Nach intensiver Beobachtung lassen sich auch
die Aufhellungen um NGC 2239 recht klar verfolgen. Interessant ist die
Tatsache, das der Nebel außer einer dunklen Stelle im Nordwesten mit etwas
Nebel gefüllt zu sein scheint.
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Nach der zeitintensiven Beobachtung und Zeichnung unter teils wechselnden und nicht optimalen Bedingungen stelle ich noch ein paar Paradeobjekte ein, bevor ich mit bereits angefrorenen Zehen abzubrechen plane.
Messier 35 und der nahe Sternhaufen NGC 2158 bilden gerade mit kleinen Öffnungen ein herrliches Paar. NGC 2158 bleibt bei niedriger Vergrößerung jedoch eine verwaschene Aufhellung. Etwas weiter westlich der beiden, aber dennoch im gleichen Feld befindet sich der meist übersehene offenen Sternhaufen IC 2157, der aus dem Duo ein Trio werden lässt.
Anders der "Spindelgalaxie NGC 3115". Sogar im Karkoschka verzeichnet zeigt sich die flächenhelle Galaxie als 3:1 gestreckte Aufhellung mit gut definiertem Nucleus. Sicher eines der Paradeobjekte im kleinen Sternbild Sextant und lohnend für 4" Öffnung.
Satt der vorhergesagten Wolken klart es mehr und mehr auf. Das SQM springt mit 21,40 förmlich nach oben und läuft zur Hochform auf, ganz im Gegensatz zu meinen mit Turnschuhen bekleideten Füßen. Das interne Thermometer zeigt -10°C. Statt abzubauen entscheide ich mich fürs Weitermachen.
Etwas optimistisch probiere ich die Zwerggalaxie Leo I, knapp nördlich von Regulus. Ähnlich wie in einer vergangenen Beobachtung zeigt sich eine extrem schwache Aufhellung an der richtigen Stelle. Leider nicht deutlich genug um von einer sicheren Beobachtung zu sprechen, dafür muss die Durchsicht noch besser werden, was diese auch Minute für Minute wird.
Das Leo - Triplett um Messier 66 zeigt sich als beeindruckendes Trio. Selbst NGC 3628 ist schwach aber deutlich als 1:4 gestreckte Nadel nördlich von M 66 auszumachen. M 66 zeigt sich sogar mit 4" Öffnung bei höherer Vergrößerung leicht unregelmäßig, ohne jedoch die exakte Struktur zu zeigen.
Weiter in die bereits hoch stehende Coma. Den Großteil der Galaxien kenne ich mit 16" Öffnung. Für den 4" ist an dieser Stelle Premiere angesagt, ich bin gespannt.
"Paradenadel" NGC 4565 zeigt sich mit dem Starhop über NGC 4494 als sehr dünne, etwa 1:4 gestreckte Nadel mit hellem Kernbereich. Ich versuche zwar das Dunkelband mit höherer Vergrößerung, dies scheint aber jenseits der Möglichkeiten eines einfachen 4" Newtons zu liegen.
Weiter mit der "fetten Made" NGC 4559, mit großer Öffnung ein fantastisches Objekt. Aber auch mit 4" lässt sich diese sehr nett beobachten. Es zeigt sich bei 63x ein 2:3 elongierte, durchaus auffällige Aufhellung, die in Mitten von ein paar schwachen Feldsternen steht.
Natürlich genehmige ich mir einen Abstecher zum Kugelsternhaufen Messier 53 mit Hintergedanken, die namentlich NGC 5053 heißen. Ich bin wirklich gespannt und wage keine Prognose. Doch zu meiner Überraschung zeigt sich der deutlich schwächere Kugelhaufen NGC 5053 als schwache Aufhellung 1° SO von M 53. An Einzelsterne ist zumindest mit 4" bei NGC 5053 nicht zu denken, dafür passen beiden Haufen ins gleiche Feld...ein netter Anblick.
Unweit der Coma muss ich natürlich den Galaxien des Virgohaufens einen Besuch abstatten. Ich wähle den klassischen Einstieg über das "Große T".
Erste Galaxien in der nähe des T's sind Messier 100, Messier 99 und Messier 98. Erstgenannte zeigen sich als auffällige, etwa runde Aufhellungen. Messier 98 zeigt zusätzlich seine typische 1:3 Elongation.
Eigentliches Ziel ist jedoch Markarians - Galaxienkette, die ich schon vor knapp 7 Jahren mit etwas leistungsfähigerer Ausrüstung besucht und gezeichnet hatte. Immer wieder ein Erlebnis ausgehend von Messier 84 und Messier 86 die etlichen NGC Galaxien, aufgereiht in einem Bogen bis Messier 88 zu folgen.
Nach einer kleinen Pause und einer Wanderung ans andere Ende des großen Skifahrerparkplatzes bekomme ich eine Idee. Warum nicht mal Messier 51 versuchen. Überrascht hatte mich einst eine Beobachtung mit einem 5" Binoteleskop in den Hochalpen. Klar waren dort bei höherer Vergrößerungen die Spiralen auszumachen. Gesagt, getan...
...Messier 51 ist schnell eingestellt.
Erste kleine Überraschung ist die recht hohe Flächenhelligkeit der Galaxie,
verglichen mit vielen Einzelgalaxien in der Coma oder im Virgo. Beim
Vergrößerungsschritt auf 63x fallen mir sofort "Unregelmäßigkeiten" im
Hauptkörper NGC 5194 auf. Eine weitere Steigerung auf 88x bringt Klarheit
und für mich eine sehr große Überraschung. Ohne große Probleme lassen sich
im Außenbereich der Spiralarme deren Aufhellungen erkennen. Zwar gelingt
nicht die direkte visuelle Erfassung deren Verbindungen zum Zentralbereich,
die Positionen lassen sich aber klar erkennen. Am hellsten wirkt dabei ein
Abschnitt in Richtung SW, aus dem immer wieder eine stellare Aufhellung
rausblitzt. Exakt an der Stelle befindet sich ein schwacher 14mag Stern, den
ich wohl als Aufhellung wahrgenommen hatte. Ebenfalls sicher zu verfolgen
ist ein längerer Abschnitt im SO. Schwieriger, aber wiederholt zu sehen ist
noch ein Abschnitt im NO. Diese Beobachtung beeindruckt
mich enorm, damit hätte ich beim besten Willen nicht gerechnet. Als Bonus
zeigt sogar der Begleiter NGC 5195 eine leichte Elongation zur Hauptgalaxie.
Eine Skizze über das Gesehene bestätigt die Beobachtung in der Nachbereitung
exakt - von dem berühmten "Bild im Kopf" kann hier beim besten Willen nicht
gesprochen werden.
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Etwas verwegen probiere ich das gleiche bei Messier 101. Trotz des hellen Erscheinungsbildes - die Galaxie steht annähernd im Zenit und das SQM zeigt knapp 21,6 ist die Beobachtung der Spiralen deutlich schwieriger. Zwar zeigt sich ein Ansatz der "schweren" Arms in Richtung NO, eine klare Definition lässt sich aber nicht machen.
Letztes Deep-Sky Objekt soll Messier 5 werden. Bei diesem Kugelsternhaufen vergrößere ich bis 126x um die Einzelsterne aufzulösen. Die gelingt auch ohne Schwierigkeiten. Zwar wirken der Haufen und die Sterne bei der geringen AP schwach, Einzelsterne und dessen Ansätze sind aber über den gesamten Raum sichtbar, ein toller Anblick.
Mitternacht ist erreicht, das Thermometer traut sich nicht tiefer und bleibt konstant bei -11°C. Im Windschutz des Autos ist dies jedoch auszuhalten. Mit einen Blick auf Mars mit seiner abgeschmolzenen Polkappe und dem hoch stehende Saturn mit der wieder steigenden Ringöffnung verlasse ich bei immer noch klaren Himmel den Ort des Geschehens.