Verschneite Spätherbstnacht auf der Edelweißspitze
Das seit Jahren schlechteste "Astrojahr" liegt fast hinter uns. Insgesamt 2 Versuche Beobachtungen unter den perfekten Bedingungen an der Großglockner Hochalpenstraße durch zu führen verliefen ernüchternd - eine offene Rechnung war noch zu begleichen.
verschneite Landschaft, aber geräumte Straße auf über 2000m Höhe
Nach Arbeitsschluss packe ich das Auto, die Taschen waren bereits am Vorabend gepackt. Ziel der sehr kurzfristig eingeschobenen abendlichen Reise ist der etwa 3 Fahrstunden entfernte Großglockner. Die Fahrt ist spektakulär. Vor blauen Himmel zeigen sich im Abendlicht die bereits mit Schnee bedeckten Berge. An der Mautstation warnt man mich vor aufkommenden Glatteis auf der gesamten Strecke. Friedl ist bereits angekommen und machte erste Fotos (Danke dafür). Wir sind außer der 3 Wirtsleute die einzigen am Berg. Nach einer kurzen Stärkung ist es noch ruhiger als üblich. Die Sonne ist bereits untergegangen als Testfahrer von Audi zu uns stoßen, freilich mit anderen Zielen - der Abkühlung der Bremsanlage vor der anschließenden Belastung der selbigen auf der Talfahrt.
tiefblauer Himmel, darunter auffälliger Erdschatten
Die Nacht scheint perfekt zu werden. Blauer Himmel, auffälliger Erdschatten und kurze Spuren der Flieger lassen Freude aufkommen. Getrübt wird diese etwas durch aufkommenden Südwind und noch erträglichen -5°C. Die Sorge um aufkommenden Fön legt sich im Laufe der Nacht, es wird weder wärmer, noch windiger. Der 16" ist schnell justiert und einsatzbereit...es kann los gehen.
Die NGC 6580 - Gruppe
soll erstes Ziel werden - noch als Aufwärmübung für die vernachlässigten
Augen gedacht. Etwas hartnäckig zeigt sich schließlich auch die schwächste
Komponente PGC 142902 neben den beiden hellen und kompakten NGC 6579 und NGC
6580. Ein Mitglied mehr und wir hätten eine wunderbare Hickson - Gruppe.
zum Vergrößern auf Bild klicken
Kronberger 28 stellt das erste
Highlight des Abends dar. Der offene Sternhaufen, entdeckt durch den
österreichischen Amateurastronom Matthias Kronberger ist ein äußerst
schwieriges Ziel. Einzige Chance die jenseits der 20mag befindlichen
Einzelsterne als Aufhellung zu sehen ist deren Gesamthelligkeit. Und es
gelingt bei mittlerer AP. Extrem schwach ist eine 2:3 elongierte Aufhellung
zu sehen. Hart an der Grenze, aber sichtbar, so bestätigt dies auch Friedl.
zum Vergrößern auf Bild klicken
Dem nächsten Objekt bin ich schon länger auf der Spur. Es handelt sich um Gyulbudaghian's Nebel. Der auch unter der Bezeichnung GM 1-29 laufenden Nebel verändert ähnlich wie NGC 2261 auf Grund PV Cep verdunkelnden Materiewolken seine Helligkeit.
Die Beobachtung von GM 1-29 gestaltet sich derzeit als äußerst schwierig. Einige Versuche unter gutem Landhimmel gingen schief. Doch der Gebirgshimmel macht es möglich. Der Nebel ist zu sehen, wenn auch extrem schwach. Bei 180x ist wiederholt an der exakten Stelle eine kleine, aber flächige Aufhellung zu sehen. Indirekt nicht zu halten scheint der Nebel gerade ein Helligkeitsminima zu durchlaufen.
Beim nächsten Objekt hole ich einen immer verschobenen Versuch nach...der Halobeobachtung des Objektes, die sich auf Grund hauptsächlich in Ha leuchtenden Charakters als schwierig herausstellt. Es geht um den bekannten...
...Ringnebel, Messier 57. Ich versuche
verschiedenen Okulare und Filter (2 x [OIII], UHC und Hß) und werde
tatsächlich mit einer einzigen Kombination belohnt. Bei 180x (2,2mm AP) und
UHC zeigen sich die hellsten Teile des Halos. Bei der Grenzbeobachtung ist es auf Grund
von Sternen nicht möglich eine Aussage für die lange NW Seite zu treffen.
Auf der andere Seite gelingt es aber. Exakt am südlichsten Punkt des hellen
Rings verläuft eine 0,5' große Aufhellung nach Süden. Diese Ausbuchtung ist
indirekt mit Mühe zu halten und stellt wohl visuell das hellste Teil des
Halos dar. Eine weitere Aufhellung vermute ich am 12,5mag hellen Stern im O,
die sich knapp nach SW bewegt. Die beiden Stellen sind leider die einzigen
Anzeichen der Halostruktur. Ein geschlossener äußere Ring ist leider nicht zu
sehen.
zum Vergrößern auf Bild klicken
Nächstes Objekt, nächste visuelle Herausforderung. Die Reise geht in unsere unmittelbare Nachbarschaft, der Lokalen Gruppe. Ziel soll eines der schwierigsten Objekte sein. Von diesem sind positiven Beobachtungen weltweit rar gestreut. Etliche eigene Fehlversuche bestätigen die "Nichtsichtbarkeit" des Objektes. Doch es geht...
Der Draco-Dwarf (UGC 10822) ist
schnell gefunden, bzw. dessen Position. Bei maximaler AP sehe ich zunächst
nichts verdächtiges. Ich gehe eine Stufe zurück und beobachte bei 5,3mm AP.
An der Stelle der Galaxie zeigt sich eine klar nachzuvollziehende
Aufhellung. Ich gehe auf 5,8mm AP und mehr Feld. Und die Galaxie ist
tatsächlich zu
sehen. Als schwache milchige Aufhellung ist diese an deren Zentralteil gut
zu verfolgen, insgesamt auf etwa 6' Durchmesser. Ich kann es kaum glauben
und hole Friedl. Auch er sieht an der entsprechenden Stelle eine nicht weg
zu diskutierende Aufhellung, Schwach, aber klar nachzuvollziehen. Etwas SO
von GM Dra ist noch ein weitere Teil der Galaxie zu erkennen. Noch schwächer
und mit 3' kleiner, nur getrennt durch die Sternkette bei GM Dra und deren
Kontrastwirkung.
zum Vergrößern auf Bild klicken
Nach den durchweg positiven und aufregenden Beobachtungen der ersten Nachthälfte geht es mit zwei schwachen, vorwiegend im roten Licht leuchtenden Planetarischen Nebeln weiter.
Bei einer Aufwärmrunde um den Aussichtsturm besuche ich Friedl an seinem 16". Er hat was "Fassbares", genau das richtige für mich jetzt...
Weiter mit ein paar einfachen und visuell schönen Objekten. Die Mischung macht es, so begebe ich mich zunächst zu einem Reflexionsnebel.
Nach dem galaktischen Nebel stelle ich mit zwei schönen Herbstgalaxien wieder weiter entfernte extragalaktische Ziele ein.
Es ist bereits 1.30 Uhr. Wir entscheiden uns für eine Pause und wärmen uns in der Edelweißhütte etwas auf. Friedl bekommt Bierdurst, ein Zeichen sofort wieder raus zu gehen und weiterzumachen.
Friedl sitzt und beobachtet den Himmel mit bloßem Auge. Ihm
fällt der gut sichtbare Gegenschein auf. Doch es zeigt sich mehr. Er weist mich
auf das Zodiakalband hin, zumindest einer schmalen Struktur, die sich entlang
der Ekliptik weit verfolgen lässt. Er hat Recht...ich sehe dies auch. Für mich
in der Art das erste Mal. Ich vermutete es zwar schon auf der Silvretta, dort
war es aber schwächer und nur unsicher zu sehen, anders jetzt.
Ein Zeichen des heran schreitenden Morgens ist das Zodakallicht, was sich
bereits schwach über den Nordosthorizont abzeichnet, darunter der aufgehende
Orion. Zeit sich der noch über bleibenden Herausforderung zu stellen, einem
Kugelsternhaufen.
Weiter geht es mit einer wunderschönen Galaxiengruppe des Hicksonkataloges. Dieser Eintrag zählt zu den hellsten. Einige der Mitglieder konnte ich bereits mit 4" Öffnung erfolgreich beobachten. Mit 16" ist dieses Objekt einfach.
4.30 Uhr. Friedl beobachtet Orionnebel und Mars...ein Zeichen für die bald endende Nacht. Ein Blick in den Westen zeigt unser Glück. Erst jetzt ziehen Wolken auf. Doch ich möchte noch nicht aufgeben, die Nacht ist zu gut.
Knapp vor 5.00 Uhr. Es steht mittlerweile nur noch ein Teleskop auf den Platz. Die Motivation lässt auch bei mir schlagartig nach, was ich auf den Wolkenaufzug schiebe. Ich nehme mir noch die klassischen Objekte vor wie Orionnebel im neuen Weitwinkelokular. Der Pferdekopfnebel ist auch auffällig ohne Hß, ich bin zu faul den Filter zu holen. Letztes Objekt wird Mars, der die Große Syrte zeigt. Ich bin vom Bild ganz angetan - Friedl nicht, halt DS Beobachter pur :-)
Ich packe auch ein, letztendlich muss ich gleich zur Arbeit. Dazwischen steht lediglich eine auf 16km vereiste steile Talfahrt. Ich meistere die Abfahrt mit vielen Nerven, treffe auf den letzten Kilometern noch einen Hirsch, der erst nach italienischen Hupstil Anstalten macht die Straße zu räumen.
geschlossene, von unten beleuchtete
Wolkendecke kurz vor Sonnenaufgang - Blick Richtung Hochtor (Süden)
Morgendämmerung von der
Edelweißspitze, kurz vor Sonnenaufgang - Blick Richtung Osten
Die Dämmerung beginnt und bietet ein geniales Bild. Die aufgehende Sonne
beleuchtet die heranziehenden Wolken im Westenn auf deren Unterseite. Das
Farbenspiel wirkt etwas surreal, macht auf mich aber einen nachhaltigen
Eindruck. Friedl hält dies von der Edelweißspitze fest, während ich auf den Weg
zur Arbeit bin und noch einen anstrengenden Tag ohne Schlaf hinter mich bringen
muss. Eine zwar anstrengende aber äußerst lohnende Nacht geht zu Ende - wir
kommen wieder.