12-Stunden Herbstnacht in den Hochalpen

- Deep-Sky Erlebnisse auf der Edelweißspitze -


Abenddämmerung auf der Edelweißspitze
 

Unerwartet spät im Jahr und bereits nach den ersten Schneefällen auf über 2500m Höhe bot sich Ende Oktober eine letzte Chance die freien Straßen der Großglockner - Hochalpenstraße für einen Astrotrip auf die Edelweißspitze zu nutzen. Nach Wetterprüfung und kurzer Absprache mit Friedl entscheiden wir uns aufzubrechen.

Um 18.30 Uhr erreichen wir den Parkplatz der Edelweißspitze, von uns auch "Paranal der Alpen" genannt. Die Sonne ist bereits untergegangen, es ist kalt. Noch ziehen vom Tal einige Nebelschwaden hoch, die sich aber bald auflösen sollten. Wir bauen langsam auf und genießen die Ruhe. Auf dem Parkplatz sind wir allein und können die Dämmerung in Mitten des Bergpanoramas auf uns wirken lassen. Gegen 19.00 Uhr geht es los. Etwas verspätet, für ein Testwagenfahrer zu langsam, für ein Urlauber zu schnell kommt Peter mit Frau Sabine nach. Am Himmel thronen die beiden hellen Planeten Jupiter und die untergehende Venus.


Blickrichtung Südwest, Jupiter im untergehenden Schützen und die helle Venus am Westhimmel

Bei Windstille, -3°C und trockenem Klima ist es recht angenehm. Nach etwas Ruhe, ein Happen der in der Nacht noch zu vernichtenden 300g Schokolade geht es los. Schon bei der Sternjustage fällt das sehr gute Seeing auf. Genau richtig für das erste Objekt.

Nach der längeren anstrengenden aber spannenden Zeit am Ringnebel gönne ich mir eine kleine Pause. Rätsel geben uns die heutigen SQM Werte auf, die nach anfänglichen Steigerungen die Nacht über kontinuierlich auf fast 21,4 fallen. Typisch wären für diese Sternzeiten schon mehrfach gemessene Werte von 21,7. Der Himmel zeigt sich aber transparent, der Gegenschein ist hell und die Luft trocken. Nur der Südhimmel ist ungewöhnlich aufgehellt...wohl eine untypische Wetterlage. Doch die erste Nachthälfte möchte ich noch für ein paar weitere PN nutzen...weiter geht es mit

Genug PN. Es ist bereits Mitternacht, die zweite Nachthälfte bricht an. Friedl weist mich auf Vesta hin. Der 6,5mag helle Kleinplanet ist problemlos mit freiem Auge zu erkennen und auch zu halten. Knapp SO davon steht der mit 6,2mag etwas hellere Stern HD 16467. Nach den vielen PN nehme ich mir ein paar Galaxien vor. Aber zunächst eine Galaxiengruppe.

Ich gönne mir wieder eine Pause. Friedl verteilt Schokolade. Diese ist ein sehr guter Indikator für Uhrzeit und Temperatur. Es zeigt sich, es muss kalt sein (Schokolade ist hart) und die Uhrzeit ist bereits vorgeschritten (nur noch wenige Stücke vorhanden). Das südliche Sternbild Fornax klettert knapp über den Horizont. Es ist an der Zeit dort ein paar Schätze zu besuchen.

Nach den tiefen Galaxien nun eine ganz andere Objektgruppe. Ziel soll nun ein Reflexionsnebel sein, in dessen Nähe heftige Sternentstehungsprozesse wirken. Ergebnis dieser aktiven Bildung sind so genannte Herbig-Haro Objekte, leuchtende Nebel, die durch die Kollision des von jungen Sternen ausgestoßenen Gases mit umgebener interstellarer Materie entstehen. Ähnliche Objekte konnte ich bereits in der Umgebung des Schlüssellochnebels NGC 1999 beobachten.

Es ist bereits gegen 3.00 Uhr. Der geschätzte Mondaufgang ist nur noch etwa 2 Stunden entfernt. So langsam läuft die Nacht ihrem Ende entgegen. Die Temperaturen sind auf -5°C gesunken, es ist immer noch absolut windstill und trocken. Durchsicht ist ebenfalls noch gut, obwohl sich die SQM Werte immer noch verhalten präsentieren. Seeing ist dagegen sehr gut, weswegen ich mich noch an ein paar detailreiche Objekte wage.

Es ist gegen 5 Uhr. Jeden Moment muss der Mond aufgehen. In den Bergen bei sehr guter Horizontsicht immer wieder ein Schauspiel. Friedl nimmt das vom etwa 8% beleuchteten Mond aufgehende aschgraue Licht zuerst wahr. Die Beleuchtung wirkt gespenstisch, ähnlich eines angeschalteten Lichtkegels auf einem weit entfernten Bergrücken. Nach wenigen Minuten taucht dann die erste Spitze der Sichel auf. Langsam ist erkennbar, um was es sich bei dem Objekt handelt. Wir schauen nur und staunen über die nun komplett aufgegangene Mondsichel. Der Himmel wird wegen der nur wenig beleuchteten Sichel nicht heller, das SQM nimmt keine Veränderung der Werte war. Ab jetzt bin ich allein am Platz...Programm habe ich noch genug. Doch zunächst ein paar lockere Sehübungen.


Morgendämmerung, die ersten Farben

Es ist bereits schon nach 6 Uhr am Morgen. Langsam bemerke ich den heller werdenden Westhorizont. Das Schauspiel der Dämmerung in den Bergen beginnt. Für mich immer wieder aufs Neue ein Erlebnis. Der bereits fast 10° hohe Mond strahlt in den Nachthimmel und gibt ein weiteres Highlightab. Doch bevor ich mich ganz der Dämmerung widme, abschließend noch ein paar Objekte die nicht fehlen dürfen.

Die Uhr zeigt 7.00 Uhr. Ich beende die Nacht, exakt 12 Stunden nach dem Einstieg. Angenehm ist es, in der bereits helleren Dämmerung abzubauen. Danach beobachte ich die Dämmerung. Es herrscht absolute Stille, keine Autos, keine Hunde, kein Schnarchen. So stellt man sich eine Dämmerung vor. Gegen 7.30 Uhr fangen die höchsten Gipfel an rot zu leuchten, hier ist die Sonne bereits aufgegangen. Auf dem Parkplatz der Edelweißspitze muss ich noch eine knappe halbe Stunde warten, bis sich die Sonne über die Berge erhebt. Im Tal herrscht dichter Nebel, der auf etwa 1000 Meter liegt. Ich begebe mich auf die Heimreise...und werde wiederkommen.


Morgenrot am Osthorizont
 


tiefes Blau mit schmaler Mondsichel und Merkur
 


Sonnenaufgang am Großglockner (links hinter den vorderen beiden Bergspitzen), Blick über den Parkplatz der Edelweißspitze
 


Nebeldecke über Zell am See, Nordhorizont mit Erdschatten und Blick auf die "Leoganger Steinberge" und "Steinernes Meer"