4x7m+ auf der Silvretta-Hochalpenstraße
Hi, nun ist es endlich soweit
Martin Schoenball (links), Uwe Glahn auf dem
Großparkplatz Bieler Höhe
alle Zeichnungen und
Beobachtungen sind ausgewertet und der Bericht zum diesjährigen Silvretta
Aufenthalt steht und wartet auf ausdauernde Leser.
Was eigentlich „nur“ als Teleskoptest unter „würdigen“ Bedingungen vom Rainer
Mannoff und mir geplant war, endete wohl in einem der schönsten
Alpenaufenthalte, die ich erleben durfte. Schnell sprach sich der geplante
Aufenthalt unter dem engsten Kreis herum und auf dem Berg fanden sich 5
Astroverrückte, Rainer Mannoff, Micheal Kohl, Martin Schoenball, Ronald Stoyan
und meine Wenigkeit um 4 (bzw. 2) wunderbare Nächte zu erleben...aber lest
selbst...
Die erste Nacht
In der Dämmerung pünktlich nach Mautstellenschluss am Berg angekommen, offenbarte sich ein tiefblauer Himmel, der sich langsam zum tiefschwarzen Nachthimmel ändern sollte. Während Rainer und Michael bereits oben angekommen waren, verspätete sich Ronald und Martin leicht, die Nacht sollte aber noch lang werden. Die ersten Sterne verhießen gutes. Mit einer Grenzgröße von 7m0 sollte die Nacht noch die schlechteste der kommenden 3 werden! Leider spielte das Seeing nicht so mit, aber egal. Für mich hieß die erste Nacht primer Abell-PN’s beobachten.
erstes Objekt sollte der sehr reiche offene Sternhaufen NGC 6791 werden, der zusammen mit dem Sternhaufen NGC 6819 zwei Highlights zwischen Deneb und Vega darstellt. Ich schätze die sichtbaren Einzelsterne auf gut einhundert, wobei der OC selbst im 16“ nicht völlig aufgelöst werden kann
zu Abell 64, die Vermutung bestätigt sich, dass es sich hierbei um eine Galaxie handelt, ich sehe zwar visuell keine Rotverschiebung, ohne Filter ist aber recht einfach eine 1:2 elongierter Nebel mit aufblitzenden Stern in der Mitte zu sehen, was im [OIII] komplett verschwindet. Am nächsten Tag zeigt sich dieser interessante Abell im 10“ schwach und im 14“ leicht, ohne jedoch die Elongation zu zeigen
weiter zu Abell 83, ohne Filter nichts, dafür mit [OIII] und 129x eine sehr schwache, runde Aufhellung
auf dem Weg zu Abell 2 liegt der offenen Sternhaufen King 2, eine dicke Überraschung, er benötigt höherer Vergrößerung, um den OC überhaupt auflösen zu können, ein klasse Teil
Abell 2 zeigt sich als helle, runde Scheibe, die schon ohne [OIII] zu sehen ist, die Mitte kommt mir leicht dunkler vor
Ronald versucht sich zufällig an Abell 6, ruft mich und ich sehe eine große, gut abgegrenzte runde Aufhellung unabhängig von ihm an gleicher Stelle...der ist bei dem Himmel leichter als gedacht, Südöstlich vom PN befindet sich jedoch eine störende Sterngruppe
ebenfalls im 14“ dann zu HFG 1, einen großen PN etwa 40’ NO von Abell 6, der auf dem POSS so gut wie nicht sichtbar ist, aber sehr gut auf [OIII] anspricht, der PN ist etwas heller und größer als Abell 6 zu sehen
weiter zu Abell 3, ohne Filter wieder nichts, im [OIII] bei mittlerer AP ein extrem schwaches, rundes Glimmen
es folgt ein berüchtigter Abell...und zwar die Nummer 1, um es kurz zu halten, auch nach intensiver Beobachtung bleibt dieser mir absolut verborgen, ich sehe nix
nicht viel weniger als bei Abell 5, der schwerste positive Abell der 4 Nächte, nach einer halben Stunde bei 4mm AP meine ich den in Richtung SO befindlichen Bogen um den ZS zu sehen, die Beobachtung ist sehr grenzwertig und so recht unsicher
genug mit Abells, Ronald kommt auf die verwegene Idee den hellsten Kugelsternhaufen (NGC 1049) im Fornax Dwarf zu beobachten...Fornax Fornax ??? ist das nicht eine Montierung, tatsächlich kriecht der KH bei –34° Deklination über die Berge im Süden und ist tatsächlich trotz grauenhaften Seeings als flächiges Objekt zu erkennen...Wahnsinn
die Nacht endet mit einem sehr spektakulären „Phänomen“ plötzlich taucht im Osten über die Berge ein komischer Lichtschein auf, alle stehen erstarrt da, bis Ronald auf die Idee kommt, das es sich um das Aschgraue Licht des Mondes handeln muss...dann folgt die beleuchtete Seite und es wird schlagartig hell...
Die zweite Nacht
Sie wird einen Tick besser als die vorige, ich komme auf eine fst am Pol von 7m1. Ronald weißt mich auf eine Erscheinung hin, die ich bisher noch nie gesehen hatte...den Gegenschein. Schon öfters von gehört, aber noch nie gesehen. Der Gegenschein zeigt sich als recht auffällige ca. 3x5° große Aufhellung knapp SW vom Mars...das gibt’s ja nicht. Die Nacht wird wieder perfekt, eine Luftfeuchtigkeit von 20%! lässt die Durchsicht fast unheimlich wirken, die Milchstraße ist dermaßen strukturiert, das selbst Martin als Milchstraßenexperte überrascht ist
das die Nacht eine perfekte Durchsicht hat zeigt sich im 14“ von Ronald. Das von mir vor knapp 2 Monaten so schwer erkämpfte Halo von M27 ist im [OIII] richtig auffällig. Ok, M27 auch, das macht wirklich Spaß den so zu sehen, ich kann es nicht beschreiben, einfach wunderbar
nichts desto trotz vergreife ich mich wieder an ein paar Abells. Den Anfang macht Abell 78, der mit Filter eine recht auffällige Erscheinung wird und in der Mitte deutlich dunkler wirkt. Ansatzweise erkenne ich gewisse „Unregelmäßigkeiten“ im Ring...die Amis würde „gemottelt“ dafür sagen
Abell 79 ist noch heller und bereits ohne Filter zu sehen, mit [OIII] wirkt der PN deutlich oval
erstmal genug der
Abells, kommen wir zu ein paar Galaxien. Die Ersten sind das Paar NGC
7253 A/B oder auch als Arp 278 bekannt. Während sich die A recht
hell und einfach als lange edge-on bemerkbar macht, ist der Begleiter doch
schwächer, aber zu sehen.
weiter zur NGC 7393,
die nächste Arp, genauer Arp 15. bei hoher Vergrößerung entlockt die
wunderbare Galaxie ihre tolle Hufeisenform.
es folgt das Paar NGC
274/275, wobei sich bei hoher Vergrößerung in der NGC 275 doch einige
Details herauskitzeln lassen.
von Galaxien noch nicht
genug geht es weiter zu NGC 520, eine sehr bekannte Galaxie, auch
unter Arp 157 bekannt. Soviel wie auf den tollen Fotos ist zwar nicht
zu sehen, bin von den Strukturen aber trotzdem begeistert
jetzt mal wieder ein PN,
diesmal ohne Abell Nummer, NGC 1360, eine fast perfektes Oval, das an
einer Seite „angefressen“ ist
der letzte Arp dieser Nacht wird NGC 1232 mit Begleiter sein. Steht leider sehr tief, der Begleiter ist aber auszumachen, die Spirale ist jedoch schwer und ist nur angedeutet zu erkennen
letzter Abell der Nacht ist Nummer 7, ein Riesen Teil und nur mit max. AP und [OIII] – Filter zu sehen. Es zeigen sich Strukturen, die aber schwer zu fassen sind. Martin fällt zuerst die Ringstruktur auf, der PN ist Mittig also etwas dunkler, mir fällt dann noch ein Dunkelnebel auf, der vom Westen her in den PN ragt und den Ring so unterbricht
die letzten Objekte beobachten wir im 10“ mit mehr Gesichtsfeld. Erst der Rosettennebel mit [OIII], man ist der genial, zerfällt völlig in einzelne Wolken und knallt richtig im Okular, den Anblick werde ich so schnell nicht vergessen
Martin hat aber noch was (wie kann es anders sein) im Petto...ein Riesen Supernovaüberrest überhalb des Rosettennebels...schimpft sich VMT 10 und ist als sehr schwache Aufhellung zu sehen...wie gesagt, im 10“ Newton
vor dem ähnlich wie am Vortag erscheinenden spektakulären Mondaufgang dürfen noch ein paar helle Sachen dran wie z.B. der Orionnebel, der diese tolle Brücke „Pons Schroeteri“ und die eigenartige Schnecke südlich des Trapezes zeigt
Die dritte Nacht
...sollte die beste werden. Leider auch die Kälteste. Wieder sehr trocken zeigt mir Martin ein Stern mit 7m2 in der Andromeda...ich sehe ihn und kann ihn sogar für mehrere Sekunden halten... unglaublich. Martin und ich beobachten nun allein. Die Nacht sollte wieder einiges an himmlischen Schönheiten für uns bereithalten. Das Seeing ist schlecht und so beginne ich wieder mit ein paar Abells
als erstes Objekt sollte allerdings der helle PN NGC 6852 werden, da der auf dem Weg zu Abell 67 lag. Gleich eine Überraschung, im [OIII] ein gemottelter Ring...wow
Abell 67 entpuppt sich als typischer Vertreter seiner Gattung und taucht im [OIII] als runde, strukturlose Scheibe auf, schönes Teil
ein deutlich härterer Kollege ist Abell 69. Sehr schwach und sehr klein. Mit dem „fiesen“ Hynes finde ich die Stelle recht schnell und vergrößere hoch auf 225x. Im [OIII] taucht dann tatsächlich nach langer und intensiver Beobachtung ein kleines flächiges Etwas immer wieder auf. Nach weitere halbstündiger Beobachtung kann ich dieses kleine Fleckchen immer jeweils für 1-2 Sekunden indirekt halten und bin mir der Sichtung sicher. Ohne [OIII] steht an dieser exakten Position auch kein Stern, der mir einen „verwaschenen PN“ vortäuschen könnte.
in der Hoffnung mal
wieder einen helleren Abell vor die Nase zu bekommen werde ich beim nächsten
PN enttäuscht... Abell 74. Ich beobachte mit Martin zusammen und mir
fällt eine sehr große, runde Scheibe an besagter Stelle mit [OIII] und
maximaler AP auf. Martin kann die Sichtung bestätigen. Ich bin mir aber
nicht sicher und zeichne das Gesehene genau auf...in der Nachbearbeitung
bestätigt sich die Sichtung. Ohne [OIII] ist die schwache Galaxie PGC 66471
als schwacher Plob zu sehen
wir brauchen was zum Aufmuntern und Augenerholen und stellen den Cirrus ein, ich werd verrückt, so hab ich den im 16“ noch nie gesehen, wir sind beeindruckt und fahren gleich noch den Nordamerikanebel + Pelikan und die Gamma Cygni Region an, in der wir uns vor lauter Nebel völlig verlieren
jetzt folgt eine
Galaxiengruppe, die NGC 6928-Gruppe. Tolles Teil, Besonderheit ist
hier NGC 6930 mit dem recht einfach sichtbaren Begleiter, der genau auf dem
Nordende der Galaxie sitzt.
jetzt als Vergleich den Cirrus und NGC 7000 im 70mm!! Spiegel...ok, nicht ganz sooo strukturiert wie im 16“, für die Spiegelgröße aber auch sehr beeindruckend
jetzt schaue ich mir wieder was ganz besonderes an...der Orionnebelaufgang. Dieser schiebt sich langsam hinter einem Bergrücken hervor...sieht super aus
IC 1613 zeigt sich wie gewohnt mau, sehr schwach angedeutet ist als runde Aufhellung die hellste Region von IC 1613...schnell weiter
zu UGC 711, mal wieder eine aus der Superthin Kategorie nicht sonderlich spektakulär, weil ein heller Stern im NO stört
ich versuche mich mal wieder an der feinen edge-on Galaxie direkt bei Abell 4. Abell 4 ist auch ohne Filter sehr auffällig, als runde, strukturlose Scheibe...aber die edge-on verbirgt sich wieder
bei M 31 zieht es mir wieder fast die Socken aus, sehr ungemütlich bei diesen Temperaturen, unglaublich und schwer zu beschreiben, visuell zeigt sich die Spiralstruktur wie auf den besten Fotografien. Ich stelle NGC 206 ein, meine ich jedenfalls. Es ist aber die helle Sternassoziation A54, NGC 206 knallt genau gegenüber...boahhh
M 33 lässt sich direkt einstellen. Die Spiralarme zerfallen in einzelne Knoten und Wölkchen, selbst Martin als alter M 33 Kenner verschlägt es die Sprache...mir auch...
jetzt die auf Fotos sehr
spektakulär aussehende UGC 1810 mit Begleiter UGC 1813.
Verdammt, die Spirale ist einfach nicht zu sehen, dafür aber der schöne
Begleiter UGC 1813
noch ein Abell für die Nacht, Nummer 8. Steht in der Nähe des schönen OC’s King 20. Der PN selbst ist schwerer als gedacht und zeigt sich mit [OIII] als schwache Aufhellung NW eines Doppelsternes, der noch knapp im PN steht
Abell 9 ist soweit ich weiss ein schwacher Reflexionsnebel direkt bei M38, ich sehen jedoch nichts, ob es an der Kälte, dem Objekt oder meiner Müdigkeit liegt kann ich nicht sagen
Die vierte Nacht
Ist Gott sei Dank wieder etwas wärmer. Transparenz wieder perfekt, sehr trocken und die fst schätze ich wieder auf 7m2, der Stern in der Andromeda ist wieder sichtbar. Genauso wie der Gegenschein und viele helle Meteore, die beim Ausruhen im Relaxstuhl auffallen...ach ja, das Seeing ist etwas besser geworden...
als erstes der Helixnebel. Sehr hell im [OIII] und so das richtige Objekt zum Warmschauen
in der Uranometria ist mir die Sternhaufenkette von 6 offenen Sternhaufe in einem Areal von 1,5° aufgefallen. Berkeley 58, NGC 7790/7788, Frolov 1, Harvard 21 und King 12. Eine Superkette, wobei mir Berkeley 58 am besten gefällt.
jetzt zum ungewöhnliche Paar NGC 7479 und Palomar 13. 7479 ist natürlich die Pracht, der hellere Arm schwingt sich wie auf Fotos um den hellen Zentralbalken. Auch Palomar 13 fällt mir die Nacht recht leicht, ist der KH doch eine der schwereren seiner Sorte.
es folgt Abell 80.
Wieder eine Gemeinschaftsbeobachtung von Martin und mir. Dann fällt mir in
der Nähe der nicht ganz klar festzustellenden Position aus dem „Hynes“ eine
schwache Aufhellung auf. Nur mit 4mm AP und [OIII]. Martin und ich zeichnen
uns die genaue Position wieder auf, wir kommen auf das gleiche Ergebnis,
welches sich im Nachhinein auch als Positives herausstellt.
Martin stellt MWP 1 ein, einer der größten PN’s am Himmel. Recht deutlich ist der Zentralteil als bohnenförmige Aufhellung zu sehen. Martin hat in seinem Bericht ja eine detaillierte Zeichnung angefertigt
nicht ganz so Exotisch
das nächste Objekt, die Galaxie NGC 145 oder auch Arp 19. Der
hellste Spiralarm fällt mir recht schnell auf, der zweithellste deutet sich
jedoch nur sehr schwach an.
auf dem Weg zu NGC 523 stolpere ich über die Galaxiengruppe NGC 529, 531, 536 und 542, alle mit unterschiedlichen Elongationen zueinander und richtig spannend.
jedoch nicht so sehr wie
die Überraschung der Nacht, NGC 523 oder auch Arp 158. Ein
auffälliger edge-on Balken mit 3 gleichmäßig verteilten Knoten im
Galaxienkörper. Unglaublich, was dort oben am Himmel alles so rumschwirrt.
eine der spektakulärsten Beobachtungen gelingt uns an Martin seinem 70mm Spiegelteleskop. Abell 21 ist im [OIII] als deutliche Aufhellung am Himmel zu sehen, das hätte ich nicht gedacht, dass ein Abell in 3“ Öffnung zu sehen ist, gut das ich nicht drauf gewettet habe
letzter Abell und auch letztes Objekt der 4 Nächte ist Abell 10. Als Abschlussabell gebührend hell. Eigenartigerweise reagiert dieser PN recht schlecht auf den [OIII]-Filter. Irgendwie sind auch immer wieder Strukturen zu sehen, ich kann sie aber nicht halten
Somit gingen 4 Nächte in den Hochalpen zu Ende. Etwas betrübt verließen wir am morgen den Platz, doch wir kommen wieder...denn wir lieben die Berge